Dossier: Covid-19

Aditotoro: «Über Corona kann man ziemlich viele Witze machen»

Keine Partys, kein Fitnessstudio, unsichere Perspektiven: Besonders junge Erwachsene leiden unter der Corona-Krise. Unterhaltung finden sie fast nur noch auf Online-Plattformen. Der Youtuber Aditotoro scherzt sich durch die Pandemie und merkt, wie wichtig das ist.

Text:Katharina Rilling; Fotos: Aditotoro

Gibt es etwas Positives zur Pandemie zu sagen?

Junge haben immer das Gefühl, dass sie etwas verpassen könnten. Vor allem beim Thema Party. Das fällt jetzt auf einmal weg. Sie merken, dass es auch ohne Ausgang geht. Ausserdem spart man viel Geld. Das klingt jetzt vielleicht blöd, aber für mich persönlich war die Pandemie bisher gar nicht schlimm. Niemand aus meinem engen Kreis ist erkrankt, ich bin kein Fan von wilden Partys, bin gerne mal allein und arbeite sowieso immer von daheim aus. Beruflich war die Pandemie sogar das Beste, was mir passieren konnte.

Wieso?

Als ich mich selbstständig machte, ging Corona los. Im Lockdown waren alle ständig online. Die Nutzerzahlen auf den Plattformen schnellten in die Höhe. Auch wenn sich Firmen mit ihren Werbeaufträgen zurückzogen, war die Zeit eine Investition in die Zukunft: Ich habe täglich Videos hochgeladen und Follower gewonnen. Ausserdem begann der TikTok-Hype in Europa, von dem ich profitierte. Und dann war da noch mein umgeschriebener Song von Mani Matter, der mich auch bei älteren Leuten bekannter machte: Im «Zündhölzli» geht es um etwas Winziges, das immer grösser wird. Das ist 1:1 die Geschichte der Corona-Pandemie. Deswegen hat das komplett Sinn gemacht.

Trotz der Online-Plattformen: Für viele junge Leute ist die Situation belastend. Sie fühlen sich isoliert, ihnen fehlt es an Struktur und Perspektive.

Ja, das beschäftigt die Leute. Sie sind jetzt viel allein, würden gern einfach mal zusammen chillen gehen. Gerade wenn man im klassischen Schulalltag steckt, ist es nicht einfach. Vorher hat man unter der Woche mit Kollegen gelernt und am Wochenende etwas zusammen unternommen. Auch Sport war wichtig. Es ist aber krass stark, wenn man alleine sein kann. Daraus kann man auch etwas lernen.

Aditotoro (21) heisst eigentlich Adrian Vogt. Auf YouTube schauen rund 68 000 Abonnenten seine Videos; 444 000 Follower zählt er allein auf TikTok. Ausserdem arbeitet er als Moderator der Online-Jugendsendung «Youngbulanz» beim SRF und berät Unternehmen in Sachen Generation Z beim Start-up ZEAM.

Jetzt hat sich die Situation ja schon etwas entspannt. Hast du konkrete Tipps, wie man solche Krisen meistert?

Ich höre oft, dass man sich in kleinen, festen Grüppchen trifft. Man sieht dann nur die besten Freunde, die dafür regelmässig. Das ist eine gute Lösung. Und: Jetzt hat man die Zeit, etwas Neues zu lernen. Einige finden das uncool. Aber es ist doch so: Wann ist man sonst am Wochenende mal daheim? Nutzt die Zeit! Unproduktiv sein kann man später wieder. Ich habe angefangen Darts zu spielen. Keine Ahnung wieso, aber es ist mega. Oder startet mit Youtube! Mir schreiben viele, dass sie einen eigenen Kanal wollen. Jetzt wäre die Zeit, das einfach mal zu machen.

Spürst du eigentlich eine Verantwortung als Vorbild?

Klar, ich mache keine Videos mehr, in denen ich zehn Kollegen treffe oder den Abstand nicht einhalte. Ich unterstütze die geltenden Regeln. Aber ich möchte kein Botschafter des BAG sein.

Du scherzt viel über Corona. Wo liegen die Grenzen?

Es gibt kaum welche. Ich finde, dass man ziemlich viele Witze über Corona machen kann. Aber dass Menschen daran sterben, ist mir bewusst. Über Tote scherzt man nicht. Aber lustige Videos finde ich gerade jetzt wichtig!

Warum?

Ich überspiele gern Unangenehmes mit Humor. Dafür ist er doch da: um sich über etwas lustig zu machen, auch wenn es viel¬leicht nicht lustig ist. Das hilft, die schlechte Zeit zu überbrücken. Ich bekomme Nach¬richten von Leuten, die im Spital liegen oder an einer Depression leiden. De¬nen geht es durch meine Videos offen¬bar besser.

Was würdest du dem Bundesrat raten in Bezug auf Junge und die Pandemie?

Platziert eure Messages auch auf TikTok. Allerdings finde ich, dass Alain Berset für einen Bundesrat gar nicht so schlecht Social Media macht.

Expertentipp

Lulzana Musliu, Stiftung Pro Juventute

«Seit Ausbruch der Corona-Pandemie sind die Dienste des Beratungsangebots 147 sehr gefragt. Die Beratungen via Chat haben um über 200 Prozent zugenommen. Wir spüren ganz stark, dass Jugendlichen vor allem Einschränkungen im Sozialleben zu schaffen machen. Viele vermissen ihre Freunde oder haben Angst, keine neuen zu finden. Wir raten, bei sozialen Kontakten auf Qualität statt auf Quantität zu setzen. Sie sollen sich mit den Freunden und Freundinnen treffen, die ihnen jetzt besonders guttun. Und: Es ist nicht alles verboten. Man kann zum Beispiel zusammen spazieren gehen.»

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