Der Vorsatz macht den Unterschied

Prof. Dr. Julia Schüler, Assistenzprofessorin für Sport und Gesundheit am Institut für Bewegungswissenschaften in Bern, erklärt, wie man mit dem «Wenn-dann»-Prinzip seine Vorsätze nachhaltig umsetzen kann.

Frau Schüler, weshalb verflüchtigen sich viele gute Vorsätze oft nach wenigen Wochen?

Es gibt Studien, die belegen, dass 60 Prozent der Vorsätze nie in Handlungen übergehen. Das liegt meist daran, dass sie zu wenig spezifisch formuliert sind und ein konkreter Handlungsplan mit einer «Wenn-dann»-Systematik fehlt.

Der Vorsatz: «Ich möchte in Zukunft möglichst regelmässig Sport treiben» wird beispielsweise nicht  funktionieren. Ins «Wenn-dann»-Prinzip übertragen müsste es etwa heissen: «Immer wenn es Mittwochabend ist, dann gehe ich mit meiner Nachbarin joggen».

So erhöht sich die Chance, dass eine Automatisierung stattfindet. Wissenschaftlich nennt man das «physiologische Korrelate im Gehirn»: Sobald das «Wenn»-Signal eintrifft, handelt man automatisch. Das heisst, es braucht nicht mehr so viel Überwindung, um einen Vorsatz in eine Handlung umzusetzen, weil man sich nicht überlegt «soll ich oder soll ich nicht?».Der «Wenn»-Reiz, ist bereits der Startschuss zur Handlung.

«Es gibt Studien, die belegen, dass 60 Prozent der Vorsätze nie in Handlungen übergehen.»
Prof. Dr. Julia Schüler

Funktionieren kurzfristige oder langfristige Ziele besser?

Kurzfristige Ziele, zum Beispiel drei Monate, haben den Vorteil, dass sie schneller erreicht werden und besser messbar sind. Aber: Nur bei langfristigen Zielen, wie ein Jahr, ist eine dauerhafte Verhaltensänderung möglich. Erst nach etwa sechs Monaten spricht man von der Stufe der Aufrechterhaltung. Oder anders gesagt: die betroffene Person hat die echte Absicht und einen konkreten Handlungsplan für eine nachhaltige Verhaltensänderung.

Sinnvoll ist es, mit mehreren nacheinander gesetzten kurzfristigen Zielen das langfristige Ziel zu erreichen. Zum Beispiel mit einem «Wenn-dann»-Vorsatz für drei Monate. Nach drei Monaten wird das Ziel überprüft und gegebenenfalls angepasst.

«Das ‹Alles oder nichts-Prinzip› gilt beim Sport nicht.»
Prof. Dr. Julia Schüler

Was wenn die Motivation nachlässt?

Dass man sich auf nachlassende Motivation, steigende Widerstände oder Rückfälle vorbereitet, ist sehr wichtig. Auch das geschieht nach dem «Wenn-dann»-Prinzip. Man überlegt sich, was eintreffen könnte und mit welchen Alternativen man darauf regieren wird. Zum Beispiel:

  • Wenn das Wetter schlecht ist, verschiebe ich mein Training um maximal 24 Stunden.
  • Wenn mein Partner versucht, mich mit einem gemeinsamen Nachtessen vom Training abzuhalten, dann lade ich ihn ein, mit mir zu trainieren und anschliessend gemeinsam essen zu gehen.
  • Wenn ich krank war, dann steige ich spätestens zwei Tage nach der vollständigen Genesung wieder ein.  
  • Wenn ich merke, dass meine Motivation nachlässt,  dann belohne ich mich für einen weiteren Monat Durchhalten mit einem speziellen Anreiz, beispielsweise Wellness, Massage.

Es ist wichtig, sich selber zu belohnen und zu verstärken. Zudem sollte man sich auch verzeihen können und bei einem Misserfolg nicht gleich alles hinschmeissen. Das «Alles oder nichts»-Prinzip gilt beim Sport nicht. Jede Bewegung ist besser als keine Bewegung.

Kann man sich auch seine Ausnahmen «einplanen»?

Natürlich, das sollte man am Anfang sogar. Sie können sich zum Beispiel gedanklich für die nächsten drei Monate drei Ausnahmen zugestehen. Aber auch da gilt «Wenn-dann»: Wenn die drei Ausnahmen aufgebraucht sind, dann habe ich keine mehr in Reserve und muss jedes Training absolvieren. Oder umgekehrt als positive Verstärkung: «Wenn ich mir nicht mehr als eine Ausnahme gegönnt habe, leiste ich mir ein neues Sportshirt.»

Welcher Leistungstyp sind Sie?

Das Leistungsmotiv

Dieser Typ hat hohe Ziele, ist ambitioniert, leistungsorientiert. Er will sich messen, Wettkämpfe (z.B. einen Marathon) bestreiten, er will immer besser werden, er braucht Kompetenzanreize wie Trainingspläne und die Aufzeichnung seiner Leistungskurven und Fortschritte. Für solche Menschen sind Sportarten geeignet, die messbar sind, wie zum Beispiel Leichtathletik. Sie sind eher Individualsportler und wählen Sportarten, bei denen es ausschliesslich auf die eigene Leistung ankommt.

Das Anschlussmotiv

Diese Menschen sind sehr gerne mit anderen zusammen und suchen Anschluss – auch im und durch den Sport. Ihr Sozialleben und ihre Kontakte sind für sie ein wichtiger Teil zum Glück. Freundschaft und Zusammensein ist wichtiger als Leistung. Im Team bringen sie sogar meist eine bessere Leistung als alleine. Für sie sind alle Teamsportarten geeignet.

Das Machtmotiv

Das klingt schlechter, als es ist. Dieser Typ Mensch entfaltet sich am besten, wenn er ein Team lenken, leiten, führen und beeinflussen kann. Es sind Leadertypen, die gerne Führung und Verantwortung übernehmen. Ihre Motivation holen sie sich, indem sie ein Training leiten. Sie eignen sich als Mannschaftscaptains, Coaches und Trainer. Sie sind kompetitiv und demonstrieren gerne an Wettkämpfen ihre Stärke mit ihrem Team.

Prof. Dr. Julia Schüler
Assistenzprofessorin für Sport und Gesund­heit am Institut für Sport­wissen­schaften Bern, Fachgebiet Motivationspsychologie

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