Dossier: Sexualität

Queere Pfarrerin will reformierte Kirche verändern

Priscilla Schwendimann ist 29, queer und die erste reformierte Pfarrerin in Zürich für queere Menschen. Ihre Gottesdienste stehen allen offen, Schwendimann möchte einladen, nicht ausgrenzen. Zu ihrer Berufung fand sie durch ihre eigene Lebensgeschichte.

Text: Leoni Hof; Foto: Mali Lazell

«Ich möchte die reformierte Kirche verändern. Das Pfarramt für queere Menschen gab es so bis jetzt noch nicht. In meinen Gottesdiensten möchte ich jedoch nicht die queere Community feiern, sondern Gott loben. In einer offenen Atmosphäre, die Menschen ungeachtet ihrer sexuellen Ausrichtung und auch Andersgläubige willkommen heisst. Interreligiös sind meine Predigten jedoch nicht. Auch den Talar habe ich in der Gemeinde, in der ich zuletzt predigte, wiedereingeführt. Ich möchte religiöse Inhalte mit dem Heute verbinden und über Themen sprechen, die wirklich mit dem Leben der Menschen zu tun haben. Es ist grossartig, zu sehen, dass Homo- oder Bisexuelle in der Mitte der Gesellschaft ankommen. Bei den Transmenschen haben wir aber noch einen weiten Weg vor uns.

Auf YouTube und Instagram junge Menschen für die Kirche begeistern

Bei den jungen Menschen hat die reformierte Kirche versagt. Sie ist für sie nicht existent. Das versuche ich mit dem Format «Holy Shit» auf Youtube und Instagram zu ändern. Mit der Pfarrerin Claudia Steinemann spreche ich über Themen wie Coming-out oder psychische Erkrankungen, aber natürlich auch über die Bibel.

«Ich brauchte Jahre, um das zu verarbeiten»

Mein eigenes Outing ist zehn Jahre her. Aufgewachsen bin ich in einer Freikirche. Das war quasi mein Zuhause, bis ich merkte, dass ich queer bin. Ich wusste bis dahin gar nicht, dass es das gibt. Mein Coming-out war schwierig: Meine Frau musste die WG verlassen, viele Kontakte brachen ab. Ich brauchte Jahre, um das zu verarbeiten. In dieser Zeit lernte ich zwei Dinge: dass es immer wieder den Willen und die Bereitschaft zu vergeben braucht, weil man sonst selbst zerbricht – und dass wir nie tiefer fallen können als in Gottes Hand. Darum bin ich Pfarrerin geworden. Diese Botschaft will ich mit der Welt teilen.»

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