Tiefer, intensiver, achtsamer

Sieben Jahre ist es her, seit Stefan Keller bei einem Gleitschirmunfall aus über 20 Metern Höhe abgestürzt ist. Seither sitzt er im Rollstuhl und hat sich selbst und das Leben ganz neu kennengelernt.

Text: Robert Wildi; Foto: Sebastian Doerk

Seit einem Gleitschirmunfall ist Stefan Keller inkomplett querschnittgelähmt. Das war für ihn aber nie ein Grund zu hadern: «Mein Leben ist nicht schwieriger, nur da und dort etwas anders», sagt er. Die chronischen Schmerzen seien sicher ein Minuspunkt. «Dafür geniesse ich meine Mobilität im Rollstuhl. Auf Rädern komme ich schneller und weiter voran als auf zwei Beinen.» Vieles sehe er heute mit anderen Augen als vor dem Unfall. «Mein Leben ist seither tiefer, intensiver, achtsamer und gleichzeitig leichter, verspielter und spassiger geworden. Vor allem bin ich auf einen Schlag sämtliche Luxusprobleme losgeworden.»

Neue Lebenseinstellung nach dem Unfall

Stefan Keller denkt laut: «Oder habe ich mir einfach mein neues Leben so geschaffen? Natürlich habe ich viel für die Verbesserung meiner Lebensqualität getan. Ich habe mich bewusst entschieden, mir meine neue Welt positiv zu gestalten.» Er strahlt eine faszinierende Authentizität aus, wirkt sehr ruhig und überlegt. Stefan Keller geniesst heute jeden Tag auf seine Weise, lässt sich treiben, führt Handlungen sehr bewusst aus.

Als Coach begleitet Stefan Keller Menschen auf ihrem Weg. In den letzten Jahren hat er sich intensiv weitergebildet und einen grossen Erfahrungsschatz aufgebaut. «Der Unfall hat meine Glaubwürdigkeit und das Vertrauen meiner Klienten in mich positiv beeinflusst. Das wirkt sich auch auf die Qualität und die Wirksamkeit meines Coachings aus», reflektiert er.

«Wer fliegen will, muss den Mut haben, den Boden zu verlassen»
Stefan Keller

Grosse Pläne trotz Rollstuhl

Die Fliegerei ist nach wie vor ein sehr wesentlicher Teil seines Lebens. Er freut sich bereits auf einige ausgedehnte Streckenflüge in diesem Jahr. Zudem möchte er das Deltafliegen wieder in Angriff nehmen. Und vielleicht steigt bald sein altes Segelflugzeug wieder in die Luft. Was mögliche Risiken angeht, denkt Stefan so pragmatisch wie philosophisch: «Wer fliegen will, muss den Mut haben, den Boden zu verlassen. Aber er muss auch den Mut haben, wieder auf den Boden zurückzukehren, um sich all den irdischen Fragen von Neuem zu stellen.»

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