Sechs Fragen an Spielpädagogin Simona Anstett, anomis Spielpädagogik
Weshalb ist das hundertfache Wiederholen für kleine Kinder so attraktiv?
Ständiges
Wiederholen im Spiel macht stark, gibt Sicherheit und Selbstvertrauen.
Gleichzeitig wird vorausschauendes Denken geschult. Schöpferische
Tätigkeiten wie Turmbauen – und wieder umwerfen – sind dabei besonders
beliebt, da die dreidimensionale Welt, die Gesetze der Statik und des
Gleichgewichts spielerisch erforscht werden können.
Wie wichtig ist das Gewinnen oder Verlieren beim Spiel?
Wer
zusammen spielen will, muss sich an vorgegebene oder gemeinsam
festgelegte Spielregeln halten. Vielen Kindern (und auch Erwachsenen)
fällt es schwer, sich an Regeln zu halten und zu verlieren. Für eine
positive Entwicklung ist es aber wichtig, genau das zu lernen. Das Kind
entdeckt die Freude am Gewinnen, muss aber auch Ärger und Frustgefühl
beim Verlieren aushalten können. Faires Gewinnen und Verlieren trägt zu
einer positiven Persönlichkeitsentwicklung bei und prägt das soziale
Verhalten. Zudem lernt ein Spieler, verschiedene Strategien
auszuprobieren, um erfolgreich zu sein.
Wie sinnvoll sind Zauberkästen oder Bastel- und Experimentiersets?
Experimentierfreude,
Forscher- und Entdeckergeist, eigenes Ausprobieren, Kreativität und
Neugierde können auf diese Art durchaus gestärkt werden und nicht
zuletzt das Üben in Geduld. Spielerisch kommen Kinder hinter Geheimnisse
und erhalten Antworten auf Fragen. In einem Haushalt findet sich
übrigens ebenfalls genug Material für viele verblüffende Experimente.
Warum sind Rollenspiele für alle Kinder lange so attraktiv?
Rollenspiele
kennen kaum Grenzen: Ob Wut, Frust, Ärger oder Ängste, Freude, Wünsche
oder Fantasien – alles, was das Kind gerade beschäftigt, kann ausgelebt
werden. Zudem braucht es für Rollenspiele nicht zwingend einen
Spielpartner: Plüschtier, Puppe oder Naturmaterial sind bestens geeignet
dafür. Alte Tücher oder Kleider zaubern im Nu eine neue Wunschfigur,
Schachteln oder Stühle bilden eine neue Umgebung.Wichtig sind auch
klassische Rollenspiele wie der Postschalter oder der
«Verchäuferliladen». Kinder sind gute Beobachter und lieben es, in
andere Rollen zu schlüpfen und verschiedene Figuren und Berufe
nachzuahmen. So können sie positive und negative Erlebnisse aus dem
Alltag verarbeiten und entwickeln unbewusst ihr soziales Verhalten.
Was soll man mit seinen Kindern spielen?
Spiele
sollten altersgerecht sein. Kleinkinder beispielsweise brauchen zum
Spielen vor allem Raum und verschiedenste Gegenstände wie Schachteln,
Dosen, Klötzchen, Tücher etc. Realistische Details werden erst nach und
nach wichtiger. Mit zunehmendem Alter steigt dann die Komplexität der
Spiele. Ein gutes Spiel soll fesseln und anregen und der Wiederspielwert
soll hoch sein.Wichtig scheint mir, dass sich Eltern nicht verrückt
machen, wenn ein Kind ein Spiel partout nicht spielen oder begreifen
will, obschon das auf der Spieleschachtel aufgedruckte Alter
übereinstimmt. Es gibt durchaus Spiele, die einem Kind einfach keinen
Spass machen oder das Kind fühlt sich über- oder unterfordert. In
bestimmten Entwicklungsphasen eines Kindes können zudem kurzfristig
Defizite auftreten, die aber auch wieder aufgeholt werden.
Wie wichtig ist das Spielen mit Gleichaltrigen?
Das Spielen unter Kindern spielt sich auf einer ganz anderen Ebene ab. Die Kinder sammeln dabei wichtige soziale Erfahrungen: aufeinander Rücksicht nehmen, hilfsbereit sein, Kompromisse eingehen und selbstständig entscheiden. Sie lernen aber auch, sich zu behaupten und durchzusetzen. Das Spiel mit Gleichaltrigen ersetzt aber nicht das Spielen mit den Eltern, sondern ist eine wichtige Ergänzung dazu.
Simona Anstett ist ausgebildete Spielpädagogin und bietet mit ihrer Firma anomis Spielpädagogik Spielkurse und -coachings für Kinder, Eltern, Grosseltern, Pädagogen und Firmen an.