Wegen Corona: auf einmal mehr Zeit

Ausschlafen, spielen, unverplante Zeit: Die Familie von Inga und Max hat durch die Corona-Auflagen gemerkt, dass weniger Programm manchmal deutlich mehr ist.

Text: Janine Radlingmayr; Foto: Sebastian Doerk

Mindestens 20 Einladungen zu Kindergeburtstagen, etliche Reisen, viele Wochenendpläne und Treffen mit Freunden, Geschäftsverpflichtungen und fast jeden Tag ein Termin in Sachen Hobbys der acht- und der elfjährigen Tochter: So sah der Kalender der Familie von Inga und Max aus, bevor ein Termin nach dem anderen dem Coronavirus zum Opfer fiel.

Weniger Pläne – mehr Zeit für die Familie

Die grosse Langeweile? «Überraschenderweise nicht. Unser Leben ist nicht mehr so durchgetaktet. Ich fühle mich dadurch weniger gestresst», sagt die 42-jährige Inga. «Und die Mädchen machen in den letzten Monaten viel mehr miteinander – ohne Streit. Das kannten wir vorher nicht.»

Marla und ihre Schwester Romy (rechts) sind während der Pandemie näher zusammengerückt.

Wo Handballtraining, Leichtathletik, Theatergruppe, Gitarrenunterricht und Pendlerwege auf Kosten der Familienzeit gingen, spielt die Familie nun häufig Gesellschaftsspiele miteinander. Ausserdem haben die beiden Töchter neue Hobbys wie Fussball, Pingpong und Snowboarden entdeckt. «Und ich koche und backe jetzt sehr viel», ergänzt Romy. An den Wochenenden geniesst die ganze Familie das Ausschlafen und die neue Unverplantheit. Samstags bis mittags im Pyjama? Diese Freiheit, ohne das Gefühl zu haben, man müsse irgendwo hin, weiss die ganze Familie zu schätzen.

«Die neue Terminlosigkeit tut mir unglaublich gut.»
Inga

Die Corona-Pandemie hat die Familie zusammengeschweisst

Keine Frage – die Corona-Krise ist auch für Inga und Max kein Spaziergang. «Doch wir sind in einer komfortablen Situation, da wir beide Jobs und keine Vorerkrankungen haben», sagt Inga. Ihr Mann Max (45) arbeitet als Bauingenieur und freut sich, dass er aktuell kaum Hemden bügeln muss: «Mein Homeoffice macht das überflüssig.» Und sie als Physiotherapeutin hat neu neben der Arbeit die Energie, wieder häufiger in ihre Anatomiebücher zu schauen, und beginnt bald eine Fortbildung. «Die neue Terminlosigkeit tut mir unglaublich gut.» Ihr Ziel für die Zukunft: weniger Programm in den Kalender quetschen. Für die Zeit nach Corona haben die Mädchen einen Wunsch: «Wir möchten, dass Papa weiterhin mittags zu Hause mit uns isst.»

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