PMS: Die schwierigen Tage vor den Tagen
Frauen, die unter dem prämenstruellen Syndrom, kurz PMS, leiden, erleben jeden Monat eine unangenehme Zeit mit teilweise starken Symptomen. Und sie werden nicht immer ernst genommen. Was Betroffene tun können und wann Hilfe von einer Fachperson gefragt ist.
Die Zeit vor der Menstruation ist für viele Frauen anstrengend, zermürbend, beschwerend. Das Leiden hat einen Namen: prämenstruelles Syndrom, kurz PMS. Manche leiden sowohl körperlich als auch mental stark, andere merken kaum etwas von dieser Phase kurz vor der Periode. «Wir gehen davon aus, dass rund zwanzig Prozent der Frauen Symptome haben, die sie als störend empfinden», erklärt Dr. med. Alexandra Kohl Schwartz, Leiterin der Abteilung für Reproduktionsmedizin in der Frauenklinik des Luzerner Kantonsspitals (LUKS).
Genauso wie diese Phase nicht jede Frau als gleich anstrengend empfindet, sind auch die Symptome nicht immer die gleichen. «Am häufigsten berichten Frauen von Erschöpfung, Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit und einer gedrückten Stimmung», erklärt die Expertin Kohl Schwartz. «Aber auch Beschwerden wie Brustspannen, Kopfschmerzen, Übelkeit und Schlafstörungen sowie Gewichtszunahme und unreine Haut können auftreten.»
Frauen, die Monat für Monat mit starken PMS-Symptomen zu kämpfen haben, sind einem enormen Leidensdruck ausgesetzt. Und dieser belastet nicht nur das eigene Wohlbefinden, sondern oft auch die partnerschaftliche Beziehung, das Zusammenleben mit Kindern und nicht zuletzt den Beruf.
Veranlagung, Stress und Schlafmangel können das prämenstruelle Syndrom begünstigen
Was die genauen Ursachen für PMS sind, konnte bisher nicht gänzlich geklärt werden. Es ist davon auszugehen, dass Hormonschwankungen mitverantwortlich sind. Man weiss, dass der in der zweiten Zyklushälfte erhöhte Progesteronspiegel einen Einfluss hat und an den Beschwerden mitschuldig ist. Das Hormon Progesteron ist mitverantwortlich für die Einnistung des befruchteten Eis in der Gebärmutter. «Das allein kann aber nicht die Ursache sein», erklärt Kohl Schwartz. «Frauen, die aus anderen Gründen zusätzlich Progesteron einnehmen müssen, haben nicht automatisch stärkere prämenstruelle Symptome.»
Auch Veranlagung, Stress, Schlaf- und Bewegungsmangel können das prämenstruelle Syndrom begünstigen. Die Beschwerden tauchen meist einige Tage vor der Periode auf, können sich aber auch bereits früher bemerkbar machen. Mit Einsetzen der Blutung verschwinden die Symptome oder verändern sich. Dann können zum Beispiel starke Bauchschmerzen oder Migräne auftreten.
Behandlung: Was Frauen selbst tun können
Betroffen sind Frauen aller Altersstufen gleichermassen, jede menstruierende Person kann darunter leiden. «Solange ein Zyklus stattfindet, kann es auch PMS-Symptome geben», sagt die Ärztin Alexandra Kohl Schwartz. In ihrer täglichen Arbeit in der Frauenklinik des LUKS beobachtet sie, dass ältere Frauen tendenziell weniger darunter leiden. Sie haben ihren Körper über all die Jahre besser kennengelernt und eine Strategie entwickelt, wie sie mit dem prämenstruellen Syndrom umgehen können.
Etwas, was Frauen selbst tun können: Bewegung und sportliche Betätigung in ihren Alltag einbauen. Das kann PMS lindern, unter anderem deswegen, weil der Körper beim Sport Dopamin und danach Serotonin ausschüttet. Diese Neurotransmitter wirken stimmungsaufhellend. Eine ausgewogene Ernährung mit Kalzium- und Magnesium-reichen Lebensmitteln sowie wenig Koffein und Alkohol und der Verzicht auf Nikotin können die Symptome ebenfalls mildern.
Den Zyklus kennenlernen
Auch Entspannungstechniken wie Yoga, Meditation, progressive Muskelentspannung oder autogenes Training sowie alternative Methoden wie Akupunktur können helfen. Allerdings gilt zu beachten: «Es ist wichtig, dass sich die Frauen nicht zu viel vornehmen oder das Gefühl haben, sie seien allein dafür verantwortlich, dass das prämenstruelle Syndrom verschwindet», erklärt Alexandra Kohl Schwartz. «Denn eine noch längere To-do-Liste führt zu noch mehr Stress und ist somit wieder kontraproduktiv.»
Helfen regelmässige Bewegung, achtsame Ernährung und Entspannung also nicht und die Beschwerden bleiben oder werden sogar stärker, ist es sinnvoll, mit der Gynäkologin oder dem Gynäkologen darüber zu sprechen. Dabei ist es hilfreich, vorab ein Zyklus-Tagebuch zu führen oder den Zyklus und die Symptome mit einer App zu tracken. Einerseits wächst so das Verständnis für den eigenen Zyklus und anderseits lassen sich Muster und wiederkehrende Beschwerden erkennen und von der Fachperson schneller einordnen.
Diagnose PMDS: Die schwere Form der PMS
«Oft starten wir für die Behandlung mit hochdosiertem Magnesium, Kalzium und Vitamin B6», sagt die Ärztin. «Das erzielt bei vielen menstruierenden Personen bereits gute Effekte und lindert die Symptome. Auch natürliche Präparate mit Mönchspfeffer oder Frauenmantel verschaffen häufig Linderung.» Gegen die Schmerzen können kurzfristig Schmerzmittel helfen. Hormonelle Verhütungsmittel wie die Anty-Baby-Pille oder eine Hormonspirale mildern die Symptome von PMS ebenfalls oder lassen sie ganz verschwinden.
Es gibt aber Frauen, die so stark unter den körperlichen und psychischen Beschwerden vor ihrer Menstruation leiden, dass ein normales Leben kaum noch möglich ist. Sie erleben Depressionsähnliche Zustände und fallen in ein so tiefes Loch, dass sie glauben, dort nie mehr herausfinden zu können. «In solchen Fällen spricht man von einer prämenstruellen dysphorischen Störung, kurz PMDS», erklärt Kohl Schwartz. «Von dieser schweren Form des PMS sind etwa drei bis acht Prozent aller Frauen betroffen.» Bei ihnen kommen meist stärkere Medikamente zum Einsatz, etwa Antidepressiva oder sogenannte GnRH-Agonisten. Diese unterdrücken den Eisprung und sorgen so für künstliche Wechseljahre.
Die Beschwerden ernst nehmen
Egal ob es sich um PMS oder um prämenstruelle Dysphorie handelt, etwas betont die Expertin: «Die Beschwerden müssen ernst genommen werden! Es ist eine Krankheit und darf und soll auch so eingestuft werden.». Noch immer werden Betroffene oft belächelt und nicht ernst genommen, wenn sie über ihre Beschwerden vor der Menstruation reden. Das kann zu grosser Verunsicherung führen, gerade bei jüngeren Personen. «Sie trauen sich dann oft nicht, Hilfe zu holen, und leiden stumm vor sich hin. Das darf nicht sein», sagt Kohl Schwartz.