Dossier: Sexualität

Männergesundheit: Wissenswertes über die Prostata

Die Prostata – auch Vorsteherdrüse genannt – ist eine etwa 4 Zentimeter grosse, walsnussförmige Drüse, die zu den inneren Geschlechtsorganen des Mannes gehört. Im Alter wird sie meist grösser, was zu verschiedenen Beschwerden führen kann. So erkennen Sie erste Anzeichen.

Text: Isabelle Fretz; Foto: iStock

Die Prostata spielt eine entscheidende Rolle im männlichen Körper. Sie ist unter anderem für die Produktion von Testosteron verantwortlich und an der Spermabildung, der Ejakulation sowie dem Hormonstoffwechsel beteiligt. Trotz ihrer Bedeutung wird die Vorsteherdrüse aber oft erst zum Thema, wenn sie bereits Probleme bereitet. Beispielsweise kann sie Männern im Alter das Wasserlassen erschweren.

Anatomie der Prostata

Die Prostata ist etwa 4 Zentimeter gross, walnussförmig und besteht aus zahlreichen Drüsen, gefässreichem, elastischem Bindegewebe und Muskelfasern. Eingehüllt ist die Vorsteherdrüse in eine feste Kapsel aus Bindegewebe. Direkt unterhalb der Harnblase positioniert, umschliesst sie ringförmig die Harnröhre. An ihrer Rückseite grenzt sie an den Enddarm.

Bei einem gesunden 20-jährigen Mann wiegt die Vorsteherdrüse ungefähr 20 Gramm. Im Laufe des Lebens kann ihr Gewicht jedoch auf über 100 Gramm zunehmen. «Es gibt aber auch Fälle, bei denen das Prostatavolumen bis zu 300 Milliliter beträgt», erklärt PD Dr. Daniel Engeler, Chefarzt Urologie am Kantonsspital St. Gallen.

Aufgabe und Funktion

Die Prostata ist eine Geschlechtsdrüse und produziert einen Teil des Ejakulats des Mannes. «Das milchig-trübe, dünnflüssige und leicht saure Prostatasekret enthält Spurenelemente und Eiweisse, die für die Spermien wichtig sind. Die Prostata ist also wichtig für die Fruchtbarkeit des Mannes», so Daniel Engeler.

Auf die Potenz selbst wirkt sie jedoch nur indirekt: «Die Prostata wandelt Testosteron, das in den Hoden produziert wird, in seine biologisch aktivste Form, das Di-Hydro-Testosteron (DHT), um. Dieses wiederum beeinflusst die Funktion der männlichen Geschlechtsorgane, die Behaarung, das Muskel- und Knochenwachstum sowie die sexuelle Entwicklung und den Geschlechtstrieb des Mannes.»

Beschwerden und Erkrankungen

Sehr oft merken Patienten gar nicht, dass sich ihre Prostata verändert. Die Beschwerden und Erkrankungen lassen sich jedoch in drei Hauptgruppen unterteilen:

Entzündliche Erkrankungen (Prostatitis)

Die Prostatitis ist eine schmerzhafte Schwellung oder entzündliche Erkrankung der Prostata. Häufig ist eine bakterielle Infektion die Ursache. Auch Männer, die sehr oft auf dem Velo unterwegs sind, können eine Prostatitis entwickeln – mit Schmerzen im Bereich des Dammes, Unterbauchs oder im unteren Rücken, im Penis oder in den Hoden. Schmerzen beim Wasserlösen, häufiger Harndrang und Fieber können ebenfalls Anzeichen für eine entzündliche Erkrankung der Prostata sein. In seltenen Fällen kann sie gar zu einer Blutvergiftung führen.

Gutartige Prostatavergrösserung (benigne Prostatahyperplasie)

Die Prostatahyperplasie betrifft mit zunehmendem Alter fast alle Männer. Warum die Vorsteherdrüse mit dem Alter grösser wird, weiss man bis heute nicht genau. «Die Wissenschaft geht davon aus, dass aufgrund der hormonellen Veränderungen im Alter vermehrt hyperplastisches Gewebe wächst. So vergrössert sich etwa bei Männern, die keine Sexualhormone produzieren, weil ihnen beispielsweise die Hoden fehlen oder sie an einer Erkrankung leiden, die Prostata nicht.» Häufige Symptome einer benignen Prostatahyperplasie sind:

  • abgeschwächter Harnstrahl
  • Pressen zum Wasserlösen
  • unterbrochener Harnstrahl (Harnstottern)
  • Reizsymptome wie häufiges Wasserlösen nachts oder starker Harndrang
  • Gefühl der unvollständigen Blasenentleerung
  • Nachträufeln nach dem Wasserlösen

Bösartige Veränderung (Prostatakarzinom)

Die bösartige Veränderung der Prostata ist meist asymptomatisch. «Deshalb dauert es oft sehr lange bis zur Diagnose», erklärt Engeler und ermuntert Männer zur Vorsorgeuntersuchung. «Denn nur dadurch kann Prostatakrebs frühzeitig erkannt werden.» Und auch hier gilt wie bei den meisten Krebserkrankungen: Je früher die erkannt, desto erfolgreicher die Behandlung. In fortgeschrittenen Fällen können folgende Symptome auf ein Prostatakarzinom hinweisen:

  • Probleme beim Wasserlösen
  • Blut im Urin
  • Ablegersymptome wie Knochenschmerzen (bei Metastasen in den Knochen)
  • Nierenfunktionsprobleme
  • Müdigkeit
  • Ausbleiben des Urins

Wie werden Prostatabeschwerden behandelt?

Wer unter Prostatabeschwerden leidet, hat verschiedene Behandlungsmöglichkeiten. Wichtig ist, erst einmal die Ursache der Probleme zu finden. Denn eine vergrösserte Prostata wird anders therapiert als eine entzündete Prostata, bei der vor allem Antibiotika zum Einsatz kommen.

Verhalten ändern

«Wer unter einer vergrösserten Prostata leidet, sollte zuerst sein Verhalten ändern», so Engeler. Will heissen: «Wer in der Nacht oft aufs WC muss, sollte eher über den Tag ausreichend trinken und dafür aufs Glas Wasser vor dem Schlafengehen verzichten.» Ebenfalls hilfreich: regelmässige Bewegung und gesunde Ernährung.

Medikamentöse Behandlung

Hilft das alles nichts, kommen in einem ersten Schritt meist Medikamente zum Einsatz. «Alphablocker entspannen die Muskulatur der Prostata, was wiederum beim Wasserlösen hilft», weiss der Experte. Und wenn man die Umwandlung des Testosterons in Di-Hydro-Testosteron medikamentös hemmt – durch einen sogenannten 5-Alpha-Reduktasehemmer –, schrumpft die Prostata wieder. Das kann manchmal eine Operation erübrigen.

Interventionelle Therapien

Bei der gutartigen Prostatavergrösserung braucht es eine Operation, wenn die medikamentöse Therapie nichts nützt, sie schlecht vertragen wird oder die vergrösserte Prostata bereits zu Komplikationen wie Blutungen, häufigen Harnwegsinfekten oder einer verschlechterten Nierenfunktion geführt hat. «Es gibt verschiedene Methoden, das wuchernde Gewebe der Prostata zu entfernen. Im Kantonsspital St. Gallen bieten wir deren acht an. Welche am besten passt, wird gemeinsam mit dem Patienten entschieden», so der Spezialist.

Unter anderem kann die Prostata bei der benignen Prostatahyperplasie mit folgenden Methoden verkleinert werden:

  • Klassische Prostataresektion: Die Prostata wird mit einer elektrischen Schlinge «ausgekratzt». Der Patient befindet sich dabei unter Voll- oder Teilnarkose. Dieser Eingriff wird bereits seit über 80 Jahren durchgeführt und stellt das älteste der etablierten Verfahren dar.
  • Endoskopische Enukleation: Das Gewebe wird mit einem Laser aus der Prostata herausgeschält und anschliessend in der Blase zerkleinert und abgesaugt. Dieses Verfahren eignet sich auch bei sehr grossen Prostatae von bis zu 250 Gramm und wird in Zukunft die wohl häufigste Therapie sein.
  • Wasserdampftherapie: Bei der relativ neuen minimal-invasiven Behandlung wird über ein dünnes Gerät Wasserdampf mit einer Nadel in die Prostata geleitet. Der Dampf verteilt sich zwischen den Zellen und lässt das hyperplastische Gewebe absterben. Dieses baut der Körper anschliessend selbst langsam ab und die Prostata schrumpft. Die Methode wird im Dämmerschlaf durchgeführt und ist insbesondere bei Patienten mit Blutverdünnung oft eine gute Option.
  • Prostata-Arterien-Embolisation: Bei diesem Verfahren werden arterielle Blutgefässe, die die Prostata versorgen, selektiv verschlossen, wodurch die Prostata «schrumpft». Die Embolisation ist ein minimalinvasives Verfahren, das ohne Narkose durchgeführt werden kann und bei dem es seltener zu Komplikationen kommt als bei über die Harnröhre durchgeführten Operationen. Der Eingriff eignet sich vor allem für Patienten, deren Prostatavergrösserung noch nicht zu weit fortgeschritten ist.
  • Wasserablation: Das neuartige, roboterassistierte Alternativverfahren ermöglicht eine schonende, schnelle und maximal standardisierte Abtragung von Prostatagewebe. Mithilfe einer Ultraschallsonde, die über den Enddarm eingeführt wird, kann das zu entfernende Gewebe zu Beginn der Operation genau identifiziert werden. Das Operationsinstrument wird über die Harnröhre eingeführt und trägt mit einem Hochdruck-Wasserstrahl das zuvor markierte Gewebe millimetergenau ab.

Hausmittel gegen Prostatabeschwerden

Auf natürlichem Weg lässt sich die Prostata nicht verkleinern. «Phytotherapeutische, also pflanzliche Ansätze können jedoch manche der Beschwerden lindern – zum Beispiel Sägepalmenextrakt bei einer gutartigen Prostatavergrösserung», weiss Daniel Engeler. Bei einer chronisch entzündeten Prostata können warme Kleidung und Bäder helfen, aber auch Kürbiskerne und Tees aus Brennnesseln, Weideröschen oder Süssholzwurzeln.

Krebsvorsorge: Wann ist der richtige Zeitpunkt?

«Ich empfehle Männern ohne Probleme, mit 50 Jahren zur ersten Vorsorgeuntersuchung zu gehen. Liegt eine familiäre Belastung vor (auf mütterlicher oder väterlicher Seite) oder besteht eine afrikanische Abstammung, macht die Vorsorge bereits mit 45 Jahren Sinn», so Engeler.

Abhängig vom PSA-Test zur Früherkennung von Tumoren sowie allfälligen weiteren Untersuchungen entscheiden Arzt und Patient gemeinsam, wann die nächste Kontrolle stattfinden soll. Wer jedoch genetisch vorbelastet ist, sollte jährlich zur Kontrolle. Und wer bereits Symptome hat, sollte sowieso umgehend zum Urologen oder zur Hausärztin.

Wie läuft die Untersuchung ab?

Engeler erklärt den Ablauf folgendermassen: «Zuerst wird die Anamnese des Patienten aufgenommen und ein aufklärendes Gespräch geführt. Wenn der Patient symptomfrei ist, muss er anschliessend bloss Wasserlösen. Bei der Krebsvorsorge wird zusätzlich ein sogenannter PSA-Test (Prostatakrebsvorsorgetest) durchgeführt. Hierzu entnehmen wir dem Patienten Blut. Anschliessend folgt die körperliche Untersuchung, indem der Arzt oder die Ärztin die Prostata vom Enddarm aus abtastet.»

Mit der digital-rektalen Untersuchung lassen sich jedoch nur grössere Karzinome aufspüren. Ist der Tumor noch klein oder liegt er ungünstig, bleibt er dabei meist unentdeckt. Bei einem erhöhten PSA-Wert sind deshalb weitere Abklärungen sinnvoll, beispielsweise eine MRI-Spezialuntersuchung. Diese gibt mittels eines Scores an, wie hoch die Wahrscheinlichkeit für Prostatakrebs ist. Liegt eine relativ hohe Wahrscheinlichkeit vor, wird der Prostata mittels Biopsie eine Gewebeprobe entnommen. Der Experte betont: «Dank dieser neuartigen MRI-Untersuchung konnten wir die Notwendigkeit von Prostatabiopsien halbieren und erkennen eine Krebserkrankung trotzdem frühzeitig.»

Keine Angst vor der Biopsie

Früher wurden Prostatabiopsien über den Darm durchgeführt. «Diese Methode barg ein grösseres Risiko für Infektionen und Blutvergiftungen. Heute wird die Biopsienadel unter Kontrolle einer Ultraschallsonde über den Damm durch die Haut in die Prostata eingeführt», erklärt der Facharzt. Das Infektionsrisiko liegt dadurch unter 1 Prozent, weshalb man dafür nicht mehr unbedingt Antibiotika einnehmen muss.

Mögliche Nebenwirkung, die nach einer solchen Biopsie auftreten kann: ein Harnverhalt. «Aufgrund der Schwellung, die nach der Biopsie entstehen kann, können einige Patienten ihre Blase nicht mehr entleeren und müssen während ein paar Tagen mit einem Katheter versorgt werden.» Engeler kann jedoch beruhigen: «Diese Komplikation tritt sehr selten auf. Männer, die vor der Biopsie keine Probleme beim Wasserlösen hatten, haben nach der Biopsie meist auch keine.»

Und wie geht’s danach weiter? Der Biopsiebefund wird in sogenannte Grade Groups von 1 bis 5 eingestuft. Bei der Gruppe 1 und teilweise bei der Gruppe 2 reicht häufig eine aktive Überwachung während weiterer Routinevorsorgekontrollen. Bei den Gruppen 3, 4 und 5 muss gehandelt werden.

Diagnose Prostatakrebs: Wie weiter?

«Ist das Karzinom in der Prostata örtlich begrenzt und kann es operativ entfernt oder bestrahlt werden, ist die Prognose sehr gut. Studien zeigen, dass 80 bis 90 Prozent der Betroffenen dauerhaft geheilt werden», so Engeler. Ableger des Krebses in Knochen oder Lymphknoten beeinflussen die Prognose jedoch: «Doch dank kombinierter Hormontherapien, Chemotherapien oder teilweiser Bestrahlungen leben auch diese Patienten noch viele Jahre. Durch die Vorsorgeuntersuchung soll es zu diesen Fällen aber möglichst gar nicht mehr erst kommen. Denn: Je früher Krebs diagnostiziert wird, desto besser die Heilungschancen.»

Ursachen von Prostatakrebs

Prostatakrebs ist teils erblich bedingt – bei knapp 10 Prozent der Betroffenen sind die Gene schuld. In einigen dieser Fälle tragen Patienten eine Mutation auf dem BRCA2-Gen – auch als Brustkrebsgen oder Angelina-Jolie-Gen bekannt. «Weist zum Beispiel die Mutter auf diesem Gen eine Mutation auf, sollten sich die Söhne testen lassen. Bei einer Mutation wird die Prostatakrebs-Früherkennung ab 40 Jahren empfohlen. Denn in diesen Fällen ist der Krebs meist aggressiver und bricht früher aus», weiss Daniel Engeler.

In den restlichen Fällen ist Prostatakrebs meist altersbedingt. «Je älter der Patient, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass er Prostatakrebs hat. Beispielsweise kann bei 60 bis 70 Prozent der verstorbenen 80-Jährigen ein Prostatakarzinom nachgewiesen werden», so der Facharzt. «Diese Personen sterben aber nicht am Krebs, sondern mit dem Krebs.»

Wandel in der Prostatakrebsvorsorge?

Zwar ist die Hemmschwelle für Männer, zur Prostatakrebsvorsorge zu gehen, tiefer als früher. Allerdings gibt es immer noch Aufklärungsbedarf. «Männervorsorge hinkt der Vorsorge für Frauen hinterher», so Engeler. Für ihn ist klar, dass es gesundheitspolitisch weitere Anstrengungen braucht. «Es gibt Bestrebungen der EU, Prostatakrebs-Vorsorgeprogramme ähnlich wie für Brust- und Darmkrebs zu etablieren. Auch in der Schweiz wird darüber diskutiert.» Die Idee dahinter: Männer ab einem bestimmten Alter schweizweit anschreiben und ihnen ein Screening anbieten.

Über den Experten

PD Dr. Daniel Engeler ist seit über 20 Jahren am Kantonsspital St. Gallen tätig und seit 2023 Chefarzt der Klinik für Urologie. Zudem ist er seit vielen Jahren Mitglied der KSSG-Forschungskommission, Vizepräsident der Schweizerischen Gesellschaft für Urologie und Vorsitzender einer Leitlinienkommission der Europäischen Urologie-Gesellschaft.

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