So sind Sie im Alter für den Notfall gewappnet

Notfallsysteme erlauben es älteren Menschen, sicherer in den eigenen vier Wänden zu leben. Dank des technologischen Fortschritts gibt es heute weit mehr Optionen als nur den berühmten Knopf am Handgelenk.

Text: Nicole Krättli; Foto: Sanitas

Die Zahlen der Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU) zeichnen ein klares Bild: Jährlich stürzen in der Schweiz über 280’000 Menschen so schwer, dass Sie in einer Arztpraxis oder einem Spital behandelt werden müssen – 88’000 davon sind über 65 Jahre alt. Über 1500 der gestürzten Seniorinnen und Senioren sterben zudem jedes Jahr an den Folgen eines Sturzes. Umso wichtiger ist einerseits die Prävention und andererseits eine schnelle Reaktion, wenn es doch zu einem Sturz kommt. Das kann nicht nur Leben retten, sondern ermöglicht es Menschen auch, länger und sicherer in den eigenen vier Wänden zu wohnen.

Während ein klobiger Knopf am Handgelenk früher die einzige Möglichkeit war, um im Notfall rasch mit der Aussenwelt in Kontakt zu treten, gibt es dank des technologischen Fortschritts mittlerweile eine Vielzahl an Alternativen, die nicht nur diskreter sind, sondern auch viel mehr Funktionen bieten. Bei der Auswahl des passenden Systems gilt es jedoch, einige Grundsatzfragen zu berücksichtigen:

Notrufempfänger: Sollen Angehörige oder eine Notrufzentrale alarmiert werden?

Notrufprotokoll: Wird bei Alarm umgehend ein Notfallteam entsandt oder findet zuerst ein mündlicher Kontakt statt?

Mobilität: Muss das Notfallsystem nur in der Wohnung oder auch draussen funktionieren?

Anwenderfreundlichkeit: Wie technologieaffin ist die Person, die das Gerät nutzt? 

Knopf, Uhr oder Smartphone?

Der Notknopf

Der Klassiker unter den Notfall- und Sicherheitssystemen, hat trotz der technologischen Entwicklung nicht ausgedient. Beim Notknopf-System wird ein Auslöser etwa an einem Armband oder als Anhänger an einer Halskette mit einem Empfänger verbunden. Dieses System lässt sich erweitern, indem man einen Empfänger mit Lautsprecher und Mikrofon wählt. So kann die gestürzte Person entweder den Knopf drücken oder verbal nach Hilfe rufen. «Der Vorteil der Notknöpfe ist, dass ihre Bedienung kein technisches Know-how voraussetzt», erklärt Udo Allgaier, Fachspezialist bei Pro Senectute Schweiz für Wohnen im Alter. Inzwischen gibt es zudem mobile Varianten, die weiterhin nur mit einem Alarmknopf und GPS funktionieren.

Die Notrufuhr:

Im Gegensatz zum Notknopf kommen Notrufuhren ohne Basisstation aus. Sie verfügen über eine Sim-Karte, Lautsprecher und Mikrofon und sind somit eine ideale Lösung für Menschen, die auch ausserhalb der eigenen vier Wände sicher unterwegs sein wollen. «Wird ein Alarm ausgelöst, können die hinterlegten Notfallkontakte oder die Notfallzentrale in der Regel direkt auf die Uhr anrufen und sich mit der Person unterhalten», weiss Allgaier.

Smartwatches und Notfall-App:

Auch einige klassische Smartwatch-Anbieter haben mittlerweile Notruffunktionen in ihre Produkte integriert. So reagieren neuere Modelle teils auf schwere Stürze und ermöglichen es dem Träger, per Fingertipp einen Notruf auszulösen oder diesen zu stoppen. Wer auf ein zusätzliches Gerät verzichten möchte, kann alternativ auch auf eine Smartphone App setzen. Ein Beispiel dafür ist die in der Schweiz entwickelte App «Uepaa». «Bei der App-Lösung fürs Smartphone ist die wichtigste Frage, ob die betroffene Person ihr Smartphone tatsächlich immer auf sich trägt», so Allgaier. Hinzukommt, dass die Anschaffung der Hardware mit höheren Kosten verbunden ist, die Systeme technisches Vorwissen voraussetzen und die Geräte regelmässig aufgeladen werden müssen.

Es geht auch analog

Ob und ab wann ein Notfall- und Sicherheitssystem nötig ist, hängt massgeblich von der Lebenssituation der Betroffenen ab. «Für Menschen, die alleine leben und kein aktives Nachbarschaftsnetz haben, kann eine solche Lösung definitiv sinnvoll sein», findet der Pro-Senectute-Spezialist. Trotz der technischen Möglichkeiten rät Allgaier allerdings in jedem Fall dazu, das soziale Netz bestmöglich zu involvieren: «Es lohnt sich, Zeichen zu vereinbaren, die für die Nachbarschaft erkennbar sind – ist das Rollo hochgezogen, ist das Schild an der Türe umgedreht, ist der Briefkasten geleert, gab es heute schon einen telefonischen Kontakt?» Doch eines haben alle Notfallsysteme gemeinsam: Sie unterstützen zwar, garantieren aber keine absolute Sicherheit. «Der Wunsch nach einer lückenlosen Überwachung wird oft von den Angehörigen stärker gewichtet als von den Betroffenen selber», gibt Udo Allgaier von der Pro Senectute Schweiz abschliessend zu bedenken. 

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