Vorsorge: Handeln statt aufschieben

Brauche ich eine Patientenverfügung? Was ist ein Vorsorgeauftrag? Wie schreibt man ein Testament? Ein Leitfaden.

Text, Fotos & Videos: Nicole Krättli

«Damit wollte ich mich schon längst befassen», sagen viele, wenn es um Themen wie Patientenverfügung, Vorsorgeauftrag oder das Testament geht – schieben es dann aber doch häufig lieber noch etwas auf. Kein Wunder. Es sind unangenehme Fragen, die sich um die Schattenseiten des Älterwerdens, um schwere Erkrankungen oder den eigenen Tod drehen. Andererseits: Nur wer sich damit befasst und den persönlichen Willen formuliert, stellt sicher, dass die eigenen Interessen im Fall der Fälle gewahrt bleiben.

Brauchen Sie eine Patientenverfügung?

Möchten Sie im Ernstfall reanimiert und maschinell beatmet werden? Wollen Sie künstlich ernährt werden, sollten Sie nicht mehr selbst schlucken können? Solche und viele weitere Informationen werden in einer Patientenverfügung festgehalten. Ihre Gültigkeit beginnt dann, wenn medizinische Entscheide getroffen werden müssen, Sie Ihren Willen aber nicht mehr äussern können.

«Eine zentrale Frage, die man in einer Patientenverfügung beantwortet, ist, ab welchem Zeitpunkt man auf bestimmte Behandlungen verzichten möchte. Mit dieser schwerwiegenden Frage hadern erfahrungsgemäss viele Beratungskunden», erklärt Hubert Kausch, Verantwortlicher Patientenverfügung des Schweizerischen Roten Kreuz Zürich.  

Patientenverfügung: Was ist wichtig?

Welche der verschiedenen Patientenverfügungen sich für Sie eignet, hängt davon ab, ob Sie gesund oder krank sind, möglichst viel selbst regeln oder die Entscheidungen lieber einer Vertrauensperson überlassen möchten. Das Verfassen oder Ausfüllen einer Patientenverfügung ist inhaltlich äusserst anspruchsvoll und erfordert viel medizinisches und ethisches Wissen. Deshalb lohnt es sich, fachlichen Rat einzuholen.

Ebenfalls sehr wichtig findet Claude Cao, Chefarzt des Instituts für Allgemeine Innere Medizin und Nephrologie an der Klinik Hirslanden, dass man das Thema mit seinen Angehörigen oder Bezugspersonen bespricht: «Der Tod wird häufig tabuisiert. Trotzdem ist es wichtig, dass man mit seinen Nächsten darüber spricht und sie informiert, wie viele und welche lebenserhaltenden Massnahmen man im Ernstfall möchte und welche eben auch nicht.»

Vorsorgeauftrag: Wer soll für Sie entscheiden?

Wird ein Mensch urteilsunfähig, muss ein Stellvertreter weitreichende Entscheide fällen – etwa über die Wohnsituation, persönliche Betreuung, Einkommen, Vermögen und viele weitere Rechtsgeschäfte. Wer mittels Vorsorgeauftrag nicht selbst eine Vertrauensperson bestimmt, die solche Entscheidungen treffen darf, bekommt von der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) eine solche Person gestellt. Es lohnt sich deshalb, darüber nachzudenken, wer diese wichtige Aufgabe übernehmen könnte.  

Ein Vorsorgeauftrag muss dann entweder handschriftlich verfasst und unterzeichnet oder notariell beurkundet werden. Michael Allgäuer, Präsident der KESB der Stadt Zürich, empfiehlt, mit dem einen Vorsorgeauftrag frühzeitig zu erstellen und nicht zu lange zu warten: «Natürlich kommt dieses Dokument vermehrt bei älteren Menschen – etwa bei fortschreitender Demenz – zum Einsatz, doch auch ein junger Mensch kann etwa aufgrund eines Unfalls plötzlich urteilsunfähig werden.»  

Testament schreiben: Für die Hinterbliebenen

Grundsätzlich besteht in der Schweiz eine gesetzliche Erbfolge, welche die Nachkommen und die Ehe- beziehungsweise eingetragenen PartnerInnen berücksichtigt. Gibt es keine Nachkommen, treten Eltern, Grosseltern oder der Staat an deren Stelle. Insbesondere unverheiratete Paare oder Patchworkfamilien, aber auch Menschen, die nur den Pflichtteil an die Erbberechtigten vermachen und stattdessen eine Drittperson oder eine Organisation begünstigen wollen, können dies in einem Testament festhalten. Das kann handschriftlich formuliert, verfasst, datiert und unterschrieben werden.

Sollte Ihnen wichtig sein, wie genau Sie bestattet werden, halten Sie das unbedingt in einem separaten Dokument fest. Das Testament wird nämlich häufig erst nach der Beerdigung geöffnet. Teilen Sie Ihre Wünsche am besten auch einer Vertrauensperson mit. Nur so können Sie sicherstellen, dass Ihre Angehörigen tatsächlich wissen, was Sie möchten. «Möchte sich jemand nicht damit befassen, sollte er seinen Nächsten zumindest mitteilen, dass sie im Ernstfall frei entscheiden dürfen. So wissen die Angehörigen, dass sie keinen falsche Entscheidungen treffen können», rät der pensionierte Bestatter Rolf Gyger.

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