Dossier: Ernährung

«Wer saisonal kocht, macht vieles richtig»

Ein Ernährungstrend jagt den anderen, neue Wunderdiäten wie Intervallfasten werden angepriesen, Nahrungsergänzungsmittel versprechen Wohlbefinden: Was stimmt denn nun und was ist tatsächlich gesund? Die Antwort ist gar nicht so kompliziert, meint Ernährungsberater Patrik Jauch.

Text: Michelle de Oliveira; Foto: iStock

Herr Jauch, was raten Sie jemandem, der sich gesund ernähren will? 

Das kommt auf das Alter, den Lebensstil, und die speziellen Bedürfnisse einer Person an. Wer aber saisonal und frisch kocht, abwechslungsreich und genussvoll isst, macht schon vieles richtig. Dabei kann man sich gut an der Schweizer Lebensmittelpyramide orientieren.

Die Schweizer Lebensmittelpyramide ist also nach wie vor aktuell?

Ja, auch wenn sie wenig spektakulär ist und viele Menschen ihrer etwas überdrüssig sind, eignet sie sich auch heute noch für einen grossen Teil der Bevölkerung – also für gesunde Menschen ohne spezielle Bedürfnisse – sehr gut als Richtlinie.

Nichtsdestotrotz ernähren sich immer mehr Menschen vegetarisch.

Viel Fleisch kann die Gesundheit negativ beeinflussen, etwa wegen der grossen Mengen gesättigter Fettsäuren und Arachidonsäure sowie Übergewicht und damit verbundene Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes begünstigen. Eine ausgewogene vegetarische Ernährung kann für bessere Blutzuckerwerte und niedrigeren Blutdruck sorgen.

Gilt das auch für die vegane Ernährungsweise?

Hier ist noch mehr Ausgewogenheit sehr wichtig. Dem Körper fällt es leichter, Eisen, Kalzium oder B12 aus tierischen Lebensmitteln aufzunehmen als aus pflanzlichen. Veganerinnen und Veganer sollten darum zwingend genug eisenhaltige Nahrungsmittel wie Nüsse, Samen, Kerne oder Hülsenfrüchte wie Linsen, Bohnen und Erbsen zu sich nehmen. Die Eisenaufnahme kann durch gleichzeitige Einnahme von Vitamin C-haltigen Lebensmitteln, darunter Obst und Gemüse, zusätzlich verbessert werden.

Können Vitaminpräparate mögliche Defizite ausgleichen?

Ja, etwa B12 für Veganerinnen und Veganer, das nur in tierischen Nahrungsmitteln vorkommt. Sonst bin ich bei gesunden Allesessern eher zurückhaltend. Bei Erkrankungen, Schwangerschaft oder viel Stress dagegen können Nahrungsergänzungsmittel wie Magnesium Sinn machen, ebenso Vitamin D für Säuglinge oder Seniorinnen und Senioren. Bei erhöhtem Bedarf oder Verdacht auf einen Mangel muss man unbedingt eine Fachperson konsultieren.

Seit einigen Jahren stehen Zucker und Salz auf der roten Liste. Zu Recht?

Wer frisch kocht und unverarbeitete Lebensmittelbevorzugt, nimmt automatisch weniger Salz und Zucker zu sich. Essen Sie darum lieber bewusst ein Stück Schokolade oder Kuchen und zelebrieren Sie diesen Genuss.

Haben wir das Geniessen verlernt?

Ein Stück weit schon. Wir leben in hektischen Zeiten, essen hastig und oft ohne wirklichen Rhythmus. Dieser Stress wirkt sich negativ darauf aus, wie unser Körper die Nahrung verwertet. Eine gesunde Ernährung funktioniert nur dann, wenn wir uns bewusst Zeit fürs Essen nehmen, jeden Bissen genussvoll kauen und uns dabei nicht ablenken lassen.

Zur Person

Patrik Jauch,Ernährungsberater BSC SVDE und Hypnotherapeut, Altdorf

Seit 2022 begleitet der Diätkoch und langjährige Spital-Ernährungsberater in seiner eigenen Praxis Menschen bei der Ernährungsumstellung. Er ist ausserdem Dozent an der Fachschule für Gesundheitsberufe Prävensana und betreut Projekte in Gesundheitsförderung und Gastronomie.

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