Dossier: Ernährung

Zucker oder Zuckerersatz – Was ist gesünder?

Die Datenlage ist frustrierend eindeutig: Zucker – selbst in kleinen Mengen – ist ungesund. Wie viel Zucker pro Tag darf es also sein? Und machen andere Zuckerarten und Süssstoffe Sinn?

Text: Nicole Krättli; Foto: unsplash

So viel Zucker essen Schweizer und Schweizerinnen im Schnitt täglich

Es geht so schnell: ein Erdbeerjoghurt zum Frühstück, ein Guetzli zum Kaffee, eine Cola zum Mittagessen, am Nachmittag ein halber Schokoladenriegel gegen das Energietief und am Abend vorm Fernseher eine Handvoll Gummibärchen zum Krimi. 110 Gramm Zucker verspeisen Schweizer im Schnitt pro Tag, so die Schätzung des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen. Das entspricht stattlichen 27,5 Würfelzuckern und liegt damit im europäischen Schnitt. Die schlechte Nachricht: Jedes Gramm Zucker ist gesundheitlich betrachtet eins zu viel.

Zu viel Zucker hat dramatische Auswirkungen

«Es ist ganz einfach: Je weniger Zucker man konsumiert, desto besser», erklärt Michael Ristow, Ernährungsmediziner und Leiter des Instituts für Translationale Medizin der ETH Zürich. Tatsächlich gibt es zahlreiche wissenschaftliche Belege dafür, dass Menschen, die weniger Zucker und schnell verwertbare Kohlenhydrate zu sich nehmen, seltener mit Übergewicht und hohem Cholesterinspiegel zu kämpfen haben. Auch die Zahl der damit verbundenen Folgeerkrankungen wie Diabetes und koronare Herzerkrankungen ist deutlich geringer.

Nachgewiesen wurde dieser Zusammenhang etwa in Mexiko. Nachdem zuckerhaltige Lebensmittel dort zusätzlich besteuert wurden, reduzierte sich der Konsum drastisch. Insbesondere das Durchschnittsgewicht bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist in der Folge markant gesunken. Besonders überraschend: Während der Zusammenhang zwischen Zucker und Übergewicht wissenschaftlich klar belegt ist, führt fettreiche Ernährung nicht zwangsläufig zu mehr Kilos auf den Hüften. So ist der Fettkonsum in den USA und Europa in den vergangenen 50 Jahren zwar stark gesunken, die Zahl übergewichtiger Menschen aber gleichzeitig explodiert. Immerhin haben 100 Gramm Zucker bereits 387 kcal.

Lactose, Fructose, Kohlenhydrate: Versteckter Zucker

Doch selbst wenn man mit gutem Vorsatz ins neue Jahr startet: Gänzlich auf Zucker zu verzichten, ist nicht ganz einfach. Denn neben zugesetztem Zucker enthalten viele Lebensmittel auch natürlichen Zucker und sind somit nicht zuckerfrei. Früchte zum Beispiel enthalten viel Fructose – je farbiger sie sind, desto mehr Fruchtzucker. Milch und Milchprodukte liefern Lactose, den Milchzucker. Hinzu kommt, dass auch in den meisten Kohlenhydraten Zucker steckt. Zwar dauert es bei industriell verarbeiteten Kohlenhydraten wie Weissmehl und Pasta länger, bis der darin enthaltene Traubenzucker im Körper freigesetzt wird, dann aber ist die Wirkung ähnlich schädlich, erklärt Michael Ristow.

Sind Süssstoffe wie Aspartam eine gesunde Alternative zu Zucker?

Auch kalorienfreie Süssstoffe wie Aspartam sind nicht unbedenklich. Die Datenlage zu den langfristigen Auswirkungen ist zwar durchmischt, dennoch haben etwa die Autoren der US-amerikanischen Framingham-Heart-Studie herausgefunden, dass beispielsweise der Konsum von Süssstoffgetränken das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden oder an Demenz zu erkranken, erhöht. Die Vermutung der Wissenschaftler geht dahin, dass Süssstoffe die geschmacklichen Präferenzen und den Appetit beeinflussen und so langfristig den Konsum zuckerhaltiger Lebensmittel fördern.

Wie viel Gramm Zucker am Tag sind unbedenklich?

Zucker ist allerdings viel mehr als ein gesundheitliches Dilemma. Es ist das Weihnachtsguetzli, das einen an die Kindheit erinnert, der Geburtstagskuchen, den man jedes Jahr für die Tochter backt. Es ist die tröstende Milchschokolade nach einem Streit und das Glas Orangenpunsch am Weihnachtsmarkt mit Freunden. «Gänzlich auf Zucker zu verzichten, ist kaum möglich. Aber es ist wichtig, dass man sich bewusst macht, wie viel man davon konsumiert», weiss die diplomierte Ernährungsberaterin und Geschäftsführerin des Ernährungszentrums Zürich, Ruth Ellenberger. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt maximal 50 Gramm zugesetzten Zucker pro Tag. Die sind bereits mit einem halben Liter Coca-Cola erreicht. Mit einigen Kniffen und etwas Disziplin kann man sich den Alltag aber dennoch versüssen, ohne sich dabei um die Gesundheit sorgen zu müssen.

Wie Sie Zucker am besten ersetzen, sehen Sie im Video.

Kampf dem Zucker – So reduzieren Sie Ihren Zuckerkonsum

Ruth Ellenberger, diplomierte Ernährungsberaterin und Geschäftsführerin des Ernährungszentrums Zürich, verrät, wie Sie Ihren Zuckerkonsum reduzieren können und dennoch nicht gänzlich auf Süsses verzichten müssen.

Selber süssen

Anstatt bereits gesüsste Produkte zu kaufen, lohnt es sich, ungesüsste Lebensmittel selbst zu süssen. Das verdeutlicht nicht nur, wie viel Zucker man effektiv zu sich nimmt, sondern ermöglicht es auch, selbst zu entscheiden, wie viel man davon effektiv benötigt.

Protokoll über Zuckerkonsum führen

Ein Strich in der Agenda oder eine Notiz im Handy für jedes gesüsste Produkt, das Sie konsumieren, verdeutlicht schon nach wenigen Tagen, wie häufig Sie sich tatsächlich Süsses gönnen, und kann einen Ansporn liefern, die Zahl zu reduzieren.

Zuckerreduzierter Ersatz

Zwar sollten auch Light-Produkte mit Bedacht konsumiert werden, sie sind aber dennoch eine gute Alternative, wenn die Lust auf etwas Süsses grösser ist als der Wille, die guten Vorsätze einzuhalten.

Versteckte Zuckerbomben

Süssgetränke, Frühstückscerealien, Fruchtjoghurts und -säfte sind allesamt Zuckerbomben. Wer auf sie verzichtet, kann alleine dadurch seinen Zuckerkonsum drastisch reduzieren.

Besser gleich nach dem Essen

Wer naschen möchte, sollte das gleich nach einer Hauptmahlzeit tun. Eine Mahlzeit mit Gemüse oder Salat und Fleisch, Fisch, Eiern oder Tofu sowie einer Vollkornbeilage bewirkt, dass der Zucker des Desserts gebremst vom Darm ins Blut aufgenommen wird.

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