Dossier: Gesundes Gehirn

Demenz erkennen und damit umgehen

Jede dritte Familie in der Schweiz ist direkt oder indirekt von Demenz betroffen. Heilen lässt sich die Krankheit in den meisten Fällen nicht, trotzdem ist eine Früherkennung wichtig.

Text: Nicole Krättli; Foto: iStock

Häufig ist es ein schleichender Prozess. Die Betroffenen fühlen sich kraftlos, sind schnell müde, gereizt und schlafen schlecht. Es fällt ihnen zunehmend schwerer, sich Dinge zu merken oder sich in neuen Umgebungen zu orientieren. Sie werden launisch und ziehen sich allmählich zurück. All das können erste Anzeichen für eine Demenz sein.

145’000 Menschen in der Schweiz leiden an Alzheimer oder einer anderen Form von Demenz – jedes Jahr kommen zudem weitere 30’000 Fälle hinzu. Jede dritte Familie ist somit direkt oder indirekt von diesem Thema betroffen. Weil das Alter der bedeutendste Risikofaktor für Demenz ist und unsere Bevölkerung immer älter wird, gehen Experten davon aus, dass diese Zahl künftig sogar noch ansteigen wird.

Demenz ist vielfach nicht heilbar

Demenz ist der Oberbegriff für mehr als 100 verschiedene Krankheiten, welche die Funktion des Gehirns beeinträchtigen. Vor allem geistige Fähigkeiten wie das Denken, das Gedächtnis, die Orientierung und die Sprache sind bei Demenz betroffen. Die wichtigste Unterscheidung ist jene, ob es sich um eine primäre oder sekundäre Demenz handelt. Eine primäre Demenzerkrankung wird durch den Abbau von Nervenzellen im Gehirn ausgelöst. Dabei sterben die Nervenzellen des Gehirns ohne erkennbare Ursache ab. Zu den häufigsten Formen einer primären Demenz gehören: Alzheimer-Demenz, die für ungefähr 60 Prozent der weltweit 24 Millionen Demenzerkrankungen verantwortlich ist, vaskuläre Demenz, Lewy-Körperchen-Demenz oder auch Frontotemporale Demenz.

Wesentlich seltener ist die sekundäre Demenzerkrankung. Nur knapp 10 Prozent aller Demenzerkrankungen werden durch eine Grunderkrankung ausgelöst. Dabei sterben Gehirnzellen in Folge einer organischen Krankheit wie beispielsweise einer Infektion, einer Hirnverletzung, eines Hirntumors oder einer Herz-Kreislauf-Krankheit ab.

Während diese Form der Demenz sich unter Umständen heilen oder durch die Behandlung der Grunderkrankung wieder umkehren lässt, ist das bei einer primären Demenz bisher nicht möglich. «Aktuell gibt es kein Medikament, das Alzheimer oder eine andere Demenzform verhindern, aufhalten oder heilen kann», schreibt die Organisation Alzheimer Schweiz. Seit vielen Jahren wird weltweit an verschiedenen Wirkstoffen zur Behandlung der Alzheimer-Krankheit geforscht. Trotzdem hat man bislang kein Medikament gefunden, das eine signifikante Wirkung gegen Alzheimer zeigte.

Bei ersten Anzeichen schnell reagieren

Gewisse Faktoren, die eine Demenz wahrscheinlicher machen, lassen sich nicht verändern: Alter, Geschlecht oder bestimmte vererbte genetische Veränderungen. Trotzdem gibt es Möglichkeiten, vorzubeugen und das Risiko, an Demenz zu erkranken, zu reduzieren. Dazu gehören eine gesunde Ernährung, viel Bewegung und Gedächtnistraining. Demnach können Aktivitäten wie tägliches Lesen, Denksportaufgaben, Musizieren, Tanzen oder etwas Neues lernen das Gehirn fit halten und so Demenz vorbeugen. Die Finger lassen sollte man hingegen von Zigaretten, Arzneistoffen und Giften wie Alkohol – sie alle können eine Demenz begünstigen.

Obschon sich eine primäre Demenz nicht heilen lässt, ist es wichtig, sie frühzeitig zu erkennen. Es lohnt sich deshalb, sich schon bei ersten Anzeichen einer Demenzerkrankung an die Hausärztin zu wenden. Während der Erstabklärung gibt üblicherweise ein Demenz-Kurztest Aufschluss über eine mögliche Erkrankung. Anschliessend folgen ausführliche körperliche Untersuchungen, um andere Ursachen auszuschliessen. Bei fachübergreifenden Abklärungen werden dann die kognitiven Funktionen genau untersucht. Obschon Alzheimer an sich nicht heilbar ist, lässt sich diese Form der Demenzerkrankung behandeln. So können die Symptome mit Medikamenten und psychosozialen Massnahmen gemildert werden.

Vielfach sind es nicht die Betroffenen selbst, die eine Veränderung bei sich feststellen, sondern die Angehörigen. In diesem Fall empfiehlt es sich, sich mit engen Freunden und anderen Familienangehörigen auszutauschen, um zu sehen, ob auch sie ein untypisches Verhalten festgestellt haben. Die Organisation Alzheimer Schweiz rät dazu, die Sorgen der betroffenen Person mitzuteilen und deshalb gemeinsam mit ihr zum Hausarzt zu gehen, um persönliche Empfindungen wie auch Beobachtungen einer nahestehenden Person schildern zu können.