Dossier: Sexualität

Wechseljahre: Schluss mit der Periode

Die Wechseljahre betreffen jede Frau irgendwann. Trotzdem ranken sich viele Mythen um sie. Wir räumen auf und klären alles, was Sie zur Menopause wissen müssen. Denn die Wechseljahre sind vor allem auch eine Zeit der Befreiung.

Text: Katharina Rilling; Foto: iStock

Eins ist sicher: Die Zeit der Wechseljahre ist ein Wendepunkt im Leben jeder Frau – und wird viel zu oft tabuisiert. Zweifel, Ängste und Beschwerden werden verheimlicht und allein durchgestanden: «Unglaublich viele Frauen beissen die Zähne zusammen. Viele versuchen, Symptome wie Ängste, Reizbarkeit, Vergesslichkeit oder auch schlechten Schlaf zu vertuschen», stellt Petra Stute, Leitende Ärztin der Frauenklinik Maternité am Universitätsspital Bern, fest. «Ich frage mich oft: Wieso tun sich Frauen das an? Einige Patientinnen schlafen monatelang nicht mehr richtig. Das muss nicht sein, man kann gegen fast alle Beschwerden etwas tun.» 

Der erste und vielleicht schwierigste Schritt: sich einzugestehen, dass das Klimakterium die Ursache der Veränderungen ist. Und dass die hormonelle Umstellung oft viel früher beginnt als allgemein angenommen. Das grösste Missverständnis: Die Menopause ist ein Zeitpunkt, die Wechseljahre eine Phase, welche die Menopause einrahmt. 

  • Die Prämenopause bezeichnet die gesamte fruchtbare Phase vor den Wechseljahren.
  • In der frühen Perimenopause spüren Frauen meistens erste Anzeichen der Wechseljahre: Zyklusschwankungen, starke Blutungen oder Stimmungsschwankungen (PMS) können auftreten. Grund dafür ist der sinkende Progesteronspiegel, während die Östrogenkonzentration hoch bleibt.
  • In der späten Perimenopause sinkt auch das Östrogen und bis gegen Ende dieser Phase wird die Produktion der weiblichen Sexualhormone ganz eingestellt. Typische Symptome der Wechseljahre wie Hitzewallungen treten auf.
  • Die Menopause markiert die letzte Regelblutung. Bestimmt wird sie rückwirkend, denn erst nach 12 aufeinanderfolgenden Monaten ohne Periode kann man sich sicher sein.
  • Nach der letzten Blutung beginnt die Phase der Postmenopause: Der Körper braucht noch einige Jahre, um sich ganz auf den neuen Hormonspiegel einzustellen.

In welchem Alter kommt man in die Menopause?

Wenn der Zyklus verkürzt ist und die Stimmungen schwanken, stellt sich oft die Frage: Sind das schon die Wechseljahre? Kann sein, muss aber nicht. Der weibliche Körper ist keine exakte Wissenschaft. Im Durchschnitt treten erste Symptome der Wechseljahre mit 38 bis 44 Jahren auf. Ab ungefähr 45 Jahren beginnt dann die zweite Hälfte der Perimenopause. Die letzte Blutung, also die Menopause, tritt zwischen 45 bis 55 Jahren ein – im Durchschnitt sind die Frauen dann 51 Jahre alt. 

Und die Wechseljahrbeschwerden? Wie lange diese anhalten, lasse sich leider nicht vorhersagen, sagt Petra Stute. Aber frau kann beruhigt sein: «Bei allen Frauen hören Hitzewallungen und hormonbedingte Stimmungsveränderungen wieder auf.» Veränderungen im Genitalbereich wie die Scheidentrockenheit werden allerdings nicht von allein besser. «Wenn man diesbezüglich störende Symptome hat, muss man diese dauerhaft behandeln.» 

«Altern findet auf mehreren Ebenen statt, es ist nicht nur eine Frage der hormonproduzierenden Eierstöcke. So sind wir als Frauen in diesem Alter oftmals erst auf dem Weg zum oder auf dem Höhepunkt unserer emotional-sozialen Kompetenz angekommen.»
Petra Stute, Leitende Ärztin der Frauenklinik Maternité am Universitätsspital Bern

Häufige Symptome in den Wechseljahren 

Die Wechseljahre sind keine Krankheit, sondern eine natürliche Reaktion des Körpers auf die Hormonveränderungen. Wobei die Symptome sehr individuell ausfallen und von der Phase abhängen, in der man sich befindet. Vor allem leiden nicht alle Frauen unter starken Beschwerden. Rund ein Drittel fühlt sich gar nicht beeinträchtig, ein Drittel nur leicht bis mässig. Grund für die Wechseljahrsymptome sind in der Perimenopause die starken Hormonschwankungen.

In diesen frühen Phasen ist der Östrogenspiegel sehr hoch, was etwa zu Spannungsgefühlen und Schmerzen in den Brüsten führen kann. Gleichzeitig sinkt das Progesteron, was ebenfalls Beschwerden auslösen kann. Kurz vor und vor allem nach der Menopause ist es der Östrogenmangel, der sich bemerkbar macht. Aber auch der generelle Prozess des Älterwerdens sowie veränderte Lebenssituationen, etwa wenn die Kinder ausziehen, sich Karrieren ändern oder Beziehungen zu Bruch gehen, wirken sich auf die Stimmung und das Energielevel aus. Diese Beschwerden können ein Anzeichen für die Wechseljahre sein: 

Stimmungsschwankungen und Depressionen

Leiden alle Frauen vor und nach der Menopause unter Stimmungsschwankungen? «Gott sei Dank nicht!», sagt Petra Stute. «Die Wahrscheinlichkeit, an einer Depression zu erkranken, ist während den Wechseljahren aber tatsächlich zweieinhalbmal so hoch im Vergleich zu jüngeren Frauen. Die gute Nachricht: Wenn die Frauen diese Phasen überstanden haben, sinkt das Risiko für eine Depression wieder.»

Generell sind Frauen in hormonellen Auf-und-ab-Phasen besonders anfällig – nicht nur während der Wechseljahre, sondern auch bei Hormonveränderungen nach der Geburt, die manchmal zu Wochenbettdepressionen führen, oder während des Zyklus in Form des prämenstruellen Syndroms. 

Hitzewallungen

Wenn es ein Symptom gibt, das exemplarisch für Beschwerden vor der Menopause steht, dann sind das Hitzewallungen: plötzliche Schweissausbrüche, ein geröteter Kopf und einige Frauen nehmen ein Herzklopfen wahr. «Es gibt aber auch Frauen, die frieren in der Zeit der Abänderung eher», sagt Petra Stute. «Doch zwei Drittel leiden tatsächlich unter Hitzewallungen und Schweissausbrüchen – ein Drittel der Frauen so schwer, dass sie zum Arzt gehen müssen und dort oftmals eine Hormontherapie verschrieben bekommen», sagt Petra Stute.

Dabei könnten Patientinnen mit leichteren Symptomen auch alternative Therapieansätze ausprobieren, ist die Fachärztin überzeugt. Begünstigt werden Hitzewallungen unter anderem durch Übergewicht, einen hohem Kaffeekonsum sowie Rauchen. 

Haarausfall

Da während des Klimakteriums die Östrogenkonzentration abnimmt, kommt es zu einem Überschuss an männlichen Hormonen. «Zwar nehmen auch diese im Alter ab, der Spiegel der weiblichen Hormone sinkt aber stärker», sagt Petra Stute. Durch das Testosteron gerät der Haarwuchs durcheinander, weshalb das Kopfhaar meist dünner und spärlicher wird.

«Viele Frauen haben das Gefühl, dass ihre Haare vermehrt ausfallen und nicht mehr so lang würden. Gleichzeitig wachsen im Gesicht eher mehr Haare. Es ist aber nicht so, dass nun überall am Körper Haare spriessen wie bei einem Mann.» Wobei Haarfollikel auch unabhängig von der hormonellen Umstellung altern – ungefähr 100 Haare pro Tag zu verlieren ist völlig normal. Erst wenn es deutlich mehr sind oder Kopfpartien sichtlich lichter werden, ist es ein Zeichen für Haarausfall. 

Scheidentrockenheit

Aufgrund des Östrogenmangels bildet sich die Schleimhaut im Genitalbereich zurück, wird dünner und trockener. Die Folgen sind Risse und kleine Verletzungen, es kann zu Juckreiz, Brennen und einem vermehrten Scheidenausfluss kommen. Einige Frauen verspüren zudem Schmerzen beim Sex. Ebenso steigt das Risiko für Harnwegsinfektionen (Blasenentzündungen). Denn weil sich auch die Schleimhäute der Blase und der Harnröhre zurückbilden, können sich in der Scheidenflora vermehrt Bakterien ansiedeln.

Schlafstörungen

Egal, ob man schlecht einschläft, Mühe hat, durchzuschlafen oder gar nächtelang wach liegt: Schlechter Schlaf beeinträchtigt die Lebensqualität. Gut die Hälfte der Frauen in den Wechseljahren können ein Lied davon singen. Da das stimmungsaufhellende Östrogen fehlt beziehungsweise weniger wird, schwanken die Emotionen, was wiederum die Schlafqualität oder das Einschlafen beeinflussen kann.

Ausserdem begünstigt der Östrogenmangel nächtliches Schwitzen – was ebenso wenig zu einem erholsamen Schlaf beiträgt. Durch den Mangel an Progesteron fehlt dessen beruhigende und schlaffördernde Wirkung. 

Gelenkschmerzen

Gelenksschmerzen haben nicht nur mit dem natürlichen Alterungsprozess zu tun. Denn Östrogen versorgt die Strukturen rund um die Gelenke mit Flüssigkeit und fördert die Durchblutung. Mit dem Wegfall des Hormons wird das Gelenk steifer und unbeweglicher. Ausserdem steigt mit zunehmendem Alter die Wahrscheinlichkeit an Osteoporose, Arthrose oder Arthritis zu erkranken – auch hierbei sind die (fehlenden) Hormone mitschuldig.

Aber: Nicht jede Frau im Klimakterium ist von Gelenksschmerzen betroffen. Ausgewogene Ernährung, Sport und Bewegung sowie eine gesunde Lebensweise verringert die Schmerzen oder lässt erst gar keine entstehen. 

Die Wechseljahre beeinflussen das Gewicht 

Auf einmal spannt die Lieblingshose. Und das, obwohl man sich genauso ernährt wie eh und je. Die Gewichtszunahme in den Wechseljahren schreckt manche Frau auf. Denn: «Unter dem Strich nehmen Frauen ein halbes Kilo pro Jahr zu. Allerdings nicht schön stetig, so dass man sich daran gewöhnen könnte», sagt Petra Stute. Die meisten Frauen würden eine sprunghafte Gewichtszunahme von fünf bis sechs Kilogramm innerhalb weniger Monate erleben. Der Grund: «Der Stoffwechsel und der Hormonhaushalt verändern sich, gleichzeitig passen Frauen ihre Essgewohnheiten und die sportlichen Aktivitäten kaum an.» 

Die Sorge, dass die Gewichtszunahme aus dem Ruder läuft, ist aber meistens unbegründet. Irgendwann pendle sich die Waage wieder ein, sagt Petra Stute. Dennoch sollte man Gegensteuer geben, um das Gewicht zu halten. «Ein zu hohes Gewicht ist ein Risikofaktor für Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Demenz – besonders ab dem Zeitpunkt, an dem die schützenden Östrogene wegfallen.» Abnehmen mitten in den Wechseljahren kann allerdings herausfordernd sein. «Plötzlich weniger Kalorien zu sich zu nehmen, seine liebgewonnenen Gewohnheiten zu ändern und sich mehr zu bewegen fällt natürlich unendlich schwer. Umso mehr, wenn sich gleichzeitig Symptome wie Gelenkschmerzen oder depressive Verstimmungen bemerkbar machen», sagt Petra Stute. Dennoch lohnt es sich genau darum, die Ernährung umzustellen und auf ausreichend Bewegung zu achten. Und einen Blick auf versteckte Dickmacher wie Alkohol oder Süssgetränke zu werfen. 

Sexualität in den Wechseljahren

Fakt ist: Weil die weiblichen Geschlechtshormone während den Wechseljahren abnehmen, kann die Lust auf Sexualität leiden. Verringerte Libido, geringere sexuelle Erregung aber auch die Intensität des Orgasmus können eine Folge der Hormonveränderungen sein. Müssen aber nicht. «Die Wechseljahre sind nicht automatisch mit einem Rückgang der sexuellen Aktivität verbunden. Da kommen viele Einflussfaktoren wie die Qualität der Partnerschaft oder das Stresslevel zusammen. Aber auch die Frage, wie frau zum Älterwerden steht», sagt Petra Stute.

Wenn sich Frauen durch den natürlichen Prozess des Älterwerdens unattraktiv finden, oder starke Stimmungsschwankungen bis zu depressiven Verstimmungen erleben, ist auch die Lust an körperlicher Nähe beeinträchtigt. «Ein störendes körperliches Symptom kann zudem die Scheidentrockenheit sein. Diese lässt sich aber zum Glück sehr leicht mit hormonhaltigen Salben oder Zäpfchen behandeln.» Auch Gleitmittel und hormonfreie, feuchtigkeitsspendende Vaginalcremes können bereits Abhilfe schaffen. Laut einer Studie haben diese gar den gleichen Effekt wie Hormonpräparate. 

Die Menopause beeinflusst die Sexualität also durchaus – aber nicht zwingend zum Negativen. «Manche Frauen empfinden die Zeit nach der Menopause auch als Befreiung: Schliesslich fällt die Regelblutung weg, und die familiäre Belastung fällt ab. Das kann sich positiv aufs Liebesleben auswirken», lautet die gute Nachricht von Petra Stute. 

Verhütung in den Wechseljahren

Zwar wird eine Schwangerschaft deutlich unwahrscheinlicher, je näher frau an die Menopause rückt. Doch unmöglich ist es nicht. Deshalb müssen Paare weiterhin verhüten. Am besten, man spricht sich mit der Gynäkologin ab, was die beste Verhütungsmethode ist und ab welchem Zeitpunkt darauf verzichtet werden kann. Wirkt denn die Pille gleichzeitig gegen Symptome der Wechseljahre? «Jein», meint Petra Stute. «In der kombinierten Pille ist zwar künstliches Östrogen enthalten, was gegen Klimakteriumsbeschwerden hilft. Allerdings ist die klassische Verhütungspille mit einem höheren Schlaganfall-, Thrombose- und Herzinfarktrisiko verbunden als die Hormonersatztherapie. Deswegen wird nur gesunden Frauen empfohlen, ihre gewohnte kombinierte Pille bis zum Alter von 50 Jahren weiter einzunehmen. Spätestens dann sollte unbedingt gewechselt werden.»

«Die Angst der Patientinnen vor einer Hormonersatztherapie ist real. Es lohnt sich aber, sich von der Gynäkologin beraten zu lassen.»
Petra Stute, Leitende Ärztin der Frauenklinik Maternité am Universitätsspital Bern

Sind Hormontherapien gefährlich?

«Ich schätze, dass in der Schweiz etwa jede 15. Frau mit Hormonen behandelt wird», sagt Petra Stute. Denn die Medikamente können den Hormonverlust ausgleichen, der in den Wechseljahren entsteht. Wobei die Hormonersatztherapie nicht zum Ziel hat, den Hormonspiegel auf das Niveau vor der Abänderung zu bringen. Vielmehr geht es darum, starke Wechseljahrsymptome zu reduzieren. Petra Stute: «Die Hormonersatztherapie hat viele Vorteile: Sie reduziert nicht nur die Symptome der Wechseljahre, sondern senkt auch das Risiko für Osteoporose, Demenz, Herzinfarkt, Diabetes und Darmkrebs. Zudem profitieren Haut und Haare, die Figur und das Gewicht.» Die Fachärztin weist aber darauf hin, dass eine orale Einnahme von Östrogenen das Risiko für Thrombose und einen Schlaganfall erhöht. Nicht so bei Hormonpflastern oder -gels, weshalb die zu bevorzugen seien. 

Hormonersatztherapien haben aber noch aus einem ganz anderen Grund einen schlechten Ruf, wie Petra Stute erläutert. «Das Brustkrebsrisiko ist nach fünfeinhalb Jahren Kombinationstherapie mit Östrogenen und Gelbkörperhormon erhöht. Das heisst im Detail: Ohne Hormone erhalten ungefähr 14 von 1000 Frauen zwischen 50 und 59 Jahren innerhalb von fünf Jahren die Diagnose Brustkrebs. Unter einer fünfeinhalbjährigen Kombinationstherapie steigt die Zahl auf ungefähr 18 von 1000 Frauen in der gleichen Altersgruppe an. Drei bis vier Frauen erhalten innerhalb dieses Zeitraums also zusätzlich die Diagnose Brustkrebs.» Viele Frauen sind verständlicherweise verunsichert, ob sie auf eine Hormonersatztherapie setzen sollen. Doch nüchtern betrachtet steigt das Risiko nur sehr minimal an, die Lebensqualität kann aber erheblich verbessert werden. «Die Angst der Patientinnen vor einer Hormonersatztherapie ist real. Es lohnt sich aber, sich von der Gynäkologin beraten zu lassen.» 

So wirken pflanzliche Mittel

Es müssen nicht immer Hormone sein. Es gibt zahlreiche pflanzliche Präparate, die gegen Beschwerden in den Wechseljahren hilfreich sind. So wirken Baldrian, Johanniskraut, Mönchspfeffer und Melisse bei Schlafstörungen. Johanniskraut hilft zudem bei Stimmungsschwankungen, Mönchspfeffer bei PMS und bei Zyklusschwankungen. Bekannte Wechseljahr-Präparate aus der Naturheilkunde sind ausserdem Yamswurzel und Nachtkerzenöl. Letzteres befeuchtet zudem die Haut von innen heraus und wirkt so der während dieser Zeit typischen Trockenheit entgegen.

Bei Hitzewallungen und Schweissausbrüchen empfiehlt Petra Stute pflanzliche Präparate aus Traubensilberkerze, Rhabarber, Salbei, Soja oder Rotklee. «Sie können die Beschwerden um rund 30 Prozent reduzieren. Auch Akupunktur soll die Symptome um 30 bis 40 Prozent lindern helfen.» Ein weiteres Hausmittel gegen die innere Hitze sind wechselwarme Fussbäder. 

Es gibt aber laut Petra Stute einen Haken. «Pflanzliche Präparate haben den Nachteil, dass sie symptomorientiert wirken. Das heisst: Man kann eine Pflanze wie Johanniskraut für das psychische Wohlbefinden einnehmen, Baldriantropfen gegen Schlafstörungen, Traubensilberkerze, Soja oder Rotklee, um die Hitzewallungen in den Griff zu bekommen. Aber man hat keinen Schutz gegen Östrogenmangel-Langzeitfolgen für Knochen, Herz und Gehirn.»

Der Schlüssel für einen möglichst angenehmen und gesunden Wechsel in die neue Lebensphase ist eine an seine Beschwerden angepasste Therapie. «Man muss sich nicht für ein Lager entscheiden, sondern kann zwischen den Therapieformen wechseln oder sie kombinieren – und zwar ohne sich dafür rechtfertigen zu müssen.»

«Durch die hormonell erzwungene Standortbestimmung fokussieren viele Frauen nach Jahren erstmals wieder auf sich und ihre Bedürfnisse.»
Petra Stute, Leitende Ärztin der Frauenklinik Maternité am Universitätsspital Bern

Kommen Männer in die Wechseljahre?

Zwar spüren Männer zwischen 45 und 65 Jahren den Zahn der Zeit, denn auch das männliche Sexualhormon Testosteron sinkt mit zunehmendem Alter. Dieses beeinflusst etwa den Muskelaufbau, den Haarwuchs, die Stimme und die Sexualität.

Doch von Wechseljahren beim Mann zu sprechen, wäre dennoch verfehlt. Im Gegensatz zu den weiblichen Sexualhormonen fallen die männlichen nicht rasant ab: Der Testosteronspiegel sinkt ab dem 40. Lebensjahr jährlich nur gut ein Prozent. Ausserdem versiegt die Hormonproduktion nie ganz, weshalb Männer bis ins hohe Alter fruchtbar bleiben. Der männliche Körper hat Zeit, sich an die hormonellen Veränderungen zu gewöhnen.

Ausserdem haben etwa ein Viertel der älteren Männer noch einen ähnlichen Testosteronwert wie junge Männer. Nur etwa 20 Prozent entwickeln ein partielles Androgendefizit, also eine zu niedrige Testosteronkonzentration. 

Aber auch wenn es aber streng genommen keine Wechseljahre bei Männern gibt, wird der Alterungsprozess von Symptomen begleitet, die mit einem reduzierten Testosteronspiegel zusammenhängen:

  • Körperliche Veränderungen wie Abnahme von Muskelmasse, Zunahme des Bauchfetts
  • Auswirkungen auf die Sexualität wie verringerte Lust und Erektionsstörungen
  • Psychische Verstimmungen wie Antriebslosigkeit und Reizbarkeit
  • Nachlassendes Gedächtnis, Konzentrationsschwierigkeiten
  • Hitzewallungen und starkes Schwitzen 

Um den Hormonaushalt positiv zu beeinflussen, reicht meistens eine Lebensstilanpassung aus: körperliche Aktivität, ausgewogene Ernährung, allfälliges Übergewicht reduzieren, gemässigter Alkohol- und Zigarettenkonsum, genügend Schlaf sowie Vermeidung von Stress. Auch sexuelle Aktivität bringt die Testosteronproduktion wieder in Schwung. Um Krankheiten auszuschliessen, sollten Symptome ärztlich abgeklärt werden. Übrigens: Von einer Menopause beim Mann zu sprechen, ist grundsätzlich unpassend: Menopause bedeutet «Ende der Monatsblutungen». 

Die Wechseljahre als Zeit der positiven Veränderungen

Tatsächlich nimmt der Alterungsprozess an Fahrt auf. «Wenn die Frau keine Hormone einnimmt, altert sie etwas schneller. Östrogene schützen vor vielen Alterungseffekten, was Haut und Haare, die Blutgefässe und Knochen angeht», sagt Petra Stute. Manche Frauen entdecken im Spiegel nun mehr Falten oder leiden unter Gelenkschmerzen und -schwellungen oder Rückenschmerzen als Folgen der Alterung. «Einige haben das Gefühl, dass ihnen plötzlich alles weh tue.» Doch zu sagen, dass es ab jetzt nur noch abwärts geht, ist vermessen.

Zwar stellt die hormonelle Umstellung eine Herausforderung für die meisten Frauen dar. «Sie kann aber auch ein Gewinn sein: Durch die hormonell erzwungene Standortbestimmung fokussieren viele Frauen nach Jahren erstmals wieder auf sich und ihre Bedürfnisse, räumen auf in ihren Beziehungen, sortieren krankmachende Einflüsse rigoroser aus, stehen mehr zu sich selbst und fordern mehr von der Umgebung ein.»

Die Wechseljahre können für Frauen vor allem auch eine Zeit der positiven Veränderung und neuen Erfahrungen markieren. «Das mag zwar für viele Mitmenschen erstmal irritierend und anstrengend sein, tut der einzelnen Frau aber gut! Und ausserdem: Altern findet auf mehreren Ebenen statt, es ist nicht nur eine Frage der hormonproduzierenden Eierstöcke. So sind wir als Frauen in diesem Alter oftmals erst auf dem Weg zum oder auf dem Höhepunkt unserer emotional-sozialen Kompetenz angekommen.»

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