Digitalisierung und Personalisierung:

Verursacherprinzip oder Solidaritätsprinzip?

Solidaritätsprinzip

Wird durch die zunehmende Digitalisierung und Personalisierung zukünftig das Verursacherprinzip das Solidaritätsprinzip in der Versicherungsbranche ablösen?

Was steht hinter dem Konzept Pay-as-you-live?

Das individuelle Gesundheits- und Risikoprofil bestimmt, wie hoch – oder tief – die jeweiligen Tarife sind und welche Leistungen sie umfassen. Durch neue Sensor-Generationen und digitale Applikationen zur Aufzeichnung des eigenen Verhaltens lassen sich diese Profile heute exakter bestimmen. Versicherungstarife könnten damit theoretisch personalisierter werden.

Ist dies das Modell der Zukunft?

In Europa stecken solche digitalen Anwendungen noch in den Kinderschuhen – ebenso wie die Pay-as-you-live-Tarife von Versicherungen. Anders sieht es bei den Angeboten zur Selbstvermessung aus, wie etwa dem Einsatz von Fitness-Trackern. Nun geht es darum, durch die Verbindung von Versicherern und digitalen Angeboten echte Mehrwerte für die Kunden zu entwickeln.

Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung ein?

Wir sehen aktuell verschiedene Versuche, solche Modelle zu lancieren. Der Erfolg hängt davon ab, ob grosse Kundengruppen bereit sind, mehr persönliche Daten mit einem Versicherer zu teilen. Voraussetzung ist eine sichere Infrastruktur, vor allem aber ein hohes Vertrauen gegenüber Versicherungen. Beides ist heute oft noch nicht gegeben. Ebenso ist noch offen, wie nachhaltig personalisierte Tarife funktionieren und ob schlussendlich das gesamte Versicherungskollektiv profitieren kann.

Stephan_Sigrist_WIRE

Dr. Stephan Sigrist ist Gründer und Leiter des Schweizer Think Tank W.I.R.E. Der Zukunfts- und Trendforscher analysiert interdisziplinär Entwicklungen in Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft. Hauptsächlich beschäftigt er sich mit den Folgen der Digitalisierung in den Life Sciences, Financial Services, Medien, Infrastruktur und Mobilität.