Muskelkater: Schmerzhafter Preis fürs Training

Ob Profi oder Gelegenheitssportler: Muskelkater kann alle treffen. Ungewohnte Übungen, schwerere Gewichte – und die nächsten Tage tut jede Bewegung weh. Mit einigen Tricks lassen sich Muskelschmerzen umgehen oder zumindest lindern.

Text: Brigitte Wenger; Foto: Dave Long Media / Getty Images

Beim Bergablaufen auf der ersten Wanderung des Jahres oder nach einer grösseren Joggingrunde: Der Kater kommt, wenn wir zu viel vom Muskel verlangt haben, beispielsweise weil noch ungewohntes Gewicht auf der Beinmuskulatur gelastet hat. Vor allem die feinen Fasern der Muskulatur können dann überfordert sein und reissen. Diese kleinsten Verletzungen entzünden sich, Wasser fliesst ins Gewebe und der Muskel schwillt an. Das tut weh. «Muskelkater ist wie eine Erkältung», sagt Hannah Bröcker, Physiotherapeutin M.Sc. und diplomierte Sportphysiotherapeutin bei Medbase Zürich, «manchmal ist er nicht zu verhindern. Schlimm ist er im Normalfall nicht, denn unser Körper heilt sich selbst.» Doch was lindert den Schmerz? Um die Entstehung und die Behandlung des Muskelkaters ranken sich viele Mythen:

Muskelkater ist notwendig, um fitter zu werden

Richtig ist: Um besser zu werden, müssen wir unsere Muskulatur herausfordern. Denn der Muskel spürt bei einer intensiven Belastung, dass er dieser (noch) nicht gewachsen ist, und verstärkt sich in der Erholungsphase danach. Für diesen Effekt braucht es aber den Muskelkater nicht – auch wenn er manchmal nicht zu verhindern ist.

Bei Muskelkater muss man noch einmal genau das gleiche Training absolvieren

Wer mit Muskelkater weitertrainiert, verstärkt die Mikrorisse. Mehr noch: Während des Muskelkaters ist der Muskel besonders anfällig für weitere Verletzungen. Leistungssportlerinnen machen am Tag nach einer intensiven Belastung deshalb oft ein lockeres Regenerationstraining. Das verbessert die Durchblutung und kann helfen, den Muskelkater schneller zu überwinden. Für Hobbysportler gilt: Lieber eine Pause einlegen, als schlimmere Verletzungen riskieren.

So halten Sie den Muskelkater in Schach

Damit es gar nicht erst zum Muskelkater kommt, sollten Trainingsumfang und -intensität dem persönlichen Trainingsstand entsprechen. Muskulatur und Struktur herausfordern? Ja. Muskulatur und Struktur überfordern? Nein. «Das ist eine Gratwanderung», sagt Hannah Bröcker, «und das Resultat kann weder von Hobbysportlern noch von uns Physiotherapeutinnen genau vorhergesagt werden. Die Vorgänge im Körper sind einfach zu komplex.» Regelmässiges Training, langsames Steigern der Trainingslänge und -intensität sowie genügend Erholungszeit beugen vor.

Ist der Muskelkater doch da, helfen ein warmes Bad oder ein Spaziergang, um die Muskulatur warm zu halten und die Durchblutung zu fördern. Das kann die Heilungsphase angenehmer gestalten. Hannah Bröcker betont noch einmal: «Das Heilen des Muskelkaters braucht seine Zeit und lässt sich nicht beschleunigen.» Deshalb gilt: sich über das Geleistete freuen und die Beine hochlegen.

Nur Unsportliche bekommen Muskelkater

Muskelkater ist nicht wählerisch. Er entsteht, wenn die Muskulatur überfordert wird. Natürlich sind Untrainierte anfälliger für Überbelastungen. Doch wenn Guttrainierte oder Leistungssportler an ihre Grenzen gehen, leiden auch sie am Tag danach.

Muskelkater ist angehäuftes Laktat

Unser Körper produziert Milchsäure (Laktat), wenn er aus Zucker Energie gewinnt. Zum Beispiel beim Sport. Früher ging man davon aus, dass sich bei einer intensiven Belastung Laktat im Muskel ansammelt und nicht schnell genug abgebaut werden kann, sodass der Muskel «übersäuert». Untersuchungen haben diese Theorie widerlegt und gezeigt, dass Muskelkater durch kleinste Faserrisse entsteht.

Eine kräftige Massage hilft

Man kann sich gut vorstellen, was passiert, wenn das kräftige Durchkneten kleinste Muskelverletzungen weiter strapaziert: Die bereits bestehenden Risse vergrössern sich, der Muskelkater wird schlimmer. Bei Massagen ist daher Vorsicht geboten.

Dehnen nach dem Training beugt Muskelkater vor

Weder Dehnen vor noch nach dem Training beugt Muskelkater vor. Beim Dehnen vor dem Training geht es darum, den Körper auf die bevorstehende Belastung vorzubereiten. Das Dehnen nach dem Sport dient dem Herunterfahren und dem Lockern der Muskulatur. Wer zu intensiv dehnt, verschlimmert die kleinen Risse in den Muskeln.

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