Dossier: Gesundes Herz

Hypertonie: Wissenswertes zum Bluthochdruck

Bluthochdruck ist weit verbreitet – und tückisch: Meist spürt man die sogenannte Hypertonie erst, wenn sie schon Schäden angerichtet hat.

Text: Helwi Braunmiller; Foto: Unsplash

Einmal hoch, einmal tief: So setzt sich der Blutdruckmesswert zusammen. Die beiden Messwerte hängen vom Moment der Messung ab: Mit jedem Herzschlag presst das Herz Blut durch unsere Gefässe. Der Druck, der hierbei entsteht, bildet den oberen, den systolischen Blutdruck. Entspannt sich der Herzmuskel zwischen den Schlägen wieder, nimmt auch der Druck in den Gefässen ab. Dieser Druck bildet den unteren Wert, den diastolischen Blutdruck. Idealerweise liegt der Wert um 120/80. Ab einem dauerhaften Wert von 140/90 dagegen spricht man von einem erhöhten Blutdruck, der behandelt werden sollte. «Die Grenzwerte wurden auf der Basis grosser internationaler Studien so festgelegt», erklärt Isabella Sudano, Oberärztin am Universitätsspital Zürich und Präsidentin der Schweizerischen Hypertonie-Gesellschaft. «Diese Studien haben gezeigt: Senkt man bei Menschen schon ab einem Wert von 130/80 den Blutdruck medikamentös, profitieren sie auf lange Sicht nicht. Ab einem Wert von 140/90 profitieren Patienten dagegen klar von Medikamenten: Sie erleiden weniger Herzinfarkte und Hirnschläge und erkranken seltener an kardiovaskulären Verschlusskrankheiten.»

Symptome zeigen sich erst sehr spät – wenn überhaupt

Die Hypertonie, wie der Bluthochdruck medizinisch heisst, ist weit verbreitet. «Gemäss der neusten Statistik sind etwa ein Drittel aller Menschen Hypertoniker. Ab 65 oder 70 Jahren sind es sogar die Hälfte. Das Problem: Einen hohen Blutdruck spüren wir nicht», sagt Isabella Sudano. Doch er hinterlässt auf Dauer Spuren im Körper. Spürbar wird er erst, wenn er sehr deutlich über den Grenzwerten liegt. Dann hat der Körper jedoch oft schon Schaden genommen und es kommen auch Atemnot, Kurzatmigkeit, Brustschmerzen, Seh- und Sensibilitätsstörungen hinzu. Um es gar nicht erst so weit kommen zu lassen und den Blutdruck rechtzeitig zu senken, machen regelmässige Blutdruckmessungen Sinn.

Bluthochdruck entsteht schleichend

Bei niemandem ist der Blutdruck immer exakt gleich hoch. Während des Tages schwankt er bei allen Menschen, gesteuert durch Gehirn und vegetatives Nervensystem, aber auch Organe wie Niere oder Nebenniere. Morgens kurz vor dem Aufstehen ist der Blutdruck am höchsten – falls wir geschlafen haben. Deshalb kommt es in dieser Zeit auch am häufigsten zu Herzinfarkten oder Schlaganfällen. Danach sinkt er im Tagesverlauf wieder, mit kurzen Spitzen, abhängig von unserer Aktivität – ob wir Sport treiben oder unter Stress stehen beispielsweise.

Deutlich tiefer muss der Blutdruck nachts sein, wenn wir schlafen. Dies zeigt sich beispielsweise durch eine 24-Stunden-Messung mit einem automatischen Messgerät, das man über den Arzt erhält. «Nachts muss der Blutdruck 10 bis 20 Prozent unter dem Tageswert liegen», erklärt Isabella Sudano. «Andernfalls muss man genauer hinschauen: Liegt beispielsweise eine Schlafstörung wie eine Schlafapnoe vor? In solchen Fällen kann sich das Herz nachts nicht erholen, und das ist auf Dauer sehr gefährlich.»

Sind die Gefässe krankheitsbedingt oder durch altersbedingte Veränderungen nicht mehr so elastisch, steigt der Blutdruck: Die Gefässe geben dem Druck nicht mehr gut nach, folglich erhöht sich der Druck auf die Gefässwände. Gleichzeitig entspannen sich die Gefässe zwischen den Herzschlägen aber auch nicht mehr optimal, deshalb ist auch der untere Blutdruckwert erhöht. Diese Dauerbelastung setzt den Gefässen zu. Die Folge: Herz, Hirn, Nieren und Augen leiden.

Bluthochdruck? Dauerhaft senken ist Pflicht

Am besten beugt man dem Bluthochdruck vor: durch eine gesunde, ausgewogene Ernährung, Nichtrauchen, Normalgewicht, viel Bewegung und ein gutes Verhältnis von Stress und Entspannung. «Denn ist der Blutdruck erst einmal dauerhaft erhöht, können wir ihn leider mit einer Änderung des Lebensstils in der Regel gar nicht mehr so sehr senken», sagt Isabella Sudano. «Aber: Mit einem gesunden Lebensstil sinkt das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle – er lohnt sich also trotzdem.» Häufig kommen deshalb zusätzlich blutdrucksenkende Medikamente zum Einsatz. Welche  die beste Wirkung zeigen, ist manchmal mit etwas Geduld und Ausprobieren unter ärztlicher Anweisung verbunden. Häufig sind Wirkstoffkombinationen am effektivsten.

Um dem Bluthochdruck frühzeitig entgegenwirken zu können, empfiehlt die Schweizerische Herzstiftung allen Personen ab 18 Jahren, mindestens einmal jährlich den Blutdruck zu messen. Isabella Sudano legt ihren Patienten vor allem die Heimmessung ans Herz. «Es ist grundsätzlich sehr wichtig, eine vom Arzt unabhängige Blutdruckmessung zu haben. Denn eine Einzelmessung ist noch keine Diagnose. Erst mit mehreren erhöhten Werten ist eine Hypertonie bestätigt.»

Wie Sie den Blutdruck richtig messen, finden Sie hier. Auch die Schweizerische Herzstiftung ist eine gute Anlaufstelle für Informationen.

Wussten Sie, dass …

… das Herz ausserhalb des Körpers weiterschlagen kann? Das Herz erzeugt eigene elektrische Impulse. Solange es mit Sauerstoff versorgt ist, arbeitet es deshalb auch ausserhalb des Körpers weiter.

… die «Weisskittel-Hypertonie» ein weitverbreitetes Phänomen ist? Dabei steigt kurz vor der Blutdruckmessung beim Arzt der Blutdruck an. Der Grund: Die Anspannung und Nervosität vor dem Arztbesuch.

... Kinder einen niedrigeren Blutdruck haben als Erwachsene? Bei Kindern müssen Ärzte abhängig von Alter und Grösse des Kindes individuell berechnen. Bei einem durchschnittlichen vierjährigen Jungen beispielsweise liegt der Maximalwert bei 110/70. Bei Mädchen liegt er sogar etwas darunter. Erst ab 18 gelten die Grenzwerte der Erwachsenen.

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