Interview mit Julia Dratva, Forschungsleiterin am IPH der ZHAW

Das Teilen von Gesundheitsdaten wird mit positiver und negativer Vorstellung verknüpft. Möglichkeiten, persönliche Daten aufzuzeichnen, gibt es bereits. Grundsätzlich besteht eine Bereitschaft zum Teilen von Gesundheitsdaten, es fehlt jedoch an Transparenz und Aufklärung. 

Frau Dratva, wie kann dazu beigetragen werden, dass Menschen bereit sind Daten zu teilen?

Vertrauen und Sicherheit sind wichtige Voraussetzungen für das Teilen von Gesundheitsdaten. Um diese zu stärken, braucht es transparente Datenschutzregeln, hohe Kompetenz der Personen und Institutionen, mit welchen Daten geteilt werden sowie die Möglichkeit der Zugriffskontrolle auf die eigenen Gesundheitsdaten. Ein entscheidender Faktor erscheint mir die digitale Gesundheitskompetenz der Bevölkerung. Die digitale Gesundheitskompetenz schliesst zum Beispiel Gesundheitskompetenz, Daten- und Navigations- sowie Interaktionskompetenz mit ein. Fähigkeiten, welche gezielt in der Bevölkerung gefördert werden müssen, um digitale Chancengerechtigkeit zu erhöhen.

Wo liegt die Zuständigkeit? Wer hat welche Aufgabe?

Vom Bund wird das Schaffen einer vertrauensfördernden Gesetzgebung erwartet. Ein gemeinsames gesellschaftliches Verständnis sicherzustellen, von welchen Daten wir bei der sekundären Datennutzung sprechen und für wen welcher Mehrwert entstehen kann, aber auch wie mit potentiellen Risiken umgegangen wird, obliegt unter anderem Akteuren im Gesundheitswesen, aber auch der Forschung. Vertrauenswürdige Akteure und die Bevölkerung selbst müssen in den öffentlichen Dialog miteinbezogen werden, um das Gefühl von Vertrauen zu stärken.

Wie kann man erreichen, dass Daten teilen auch als Akt der Solidarität gesehen wird?

Solidarität schliesst einen Eigennutzen des Datenteilens nicht aus. Zwischen dem Eigennutzen und dem Nutzen für die Gesellschaft wird noch zu wenig differenziert. Es lohnt sich beide besser zu vermitteln. Allerdings betrachte ich aus der Perspektive der Chancengerechtigkeit monetäre Belohnungen wie tiefere Krankenkassenprämien kritisch. Wenn Angebote sich verbessern oder das Gesundheitssystem insgesamt kostengünstiger wird, entsteht Eigennutzen, der auch der Allgemeinheit zugutekommt.

Dr. Julia Dratva ist Professorin und Forschungsleiterin am Institut für Public Health an der ZHAW.