Interview mit Monika Bühler, Bürgerin

Die Digitalisierung ermöglicht Eigenständigkeit, öffnet Tür und Tor zu Informationen und hat das Potenzial, die Kosten im Gesundheitswesen zu reduzieren. Im Umgang mit Daten ist aber Solidarität und individuelle Autonomie gefragt. 

Frau Bühler, was bedeutet für Sie Solidarität im Gesundheitswesen?

Ich sehe es als ein Geben und Nehmen. Die Krankenkassenprämien sind ein happiger Budgetposten. Aber ich bin dankbar dafür, denn es ermöglicht mir, Leistungen in Anspruch zu nehmen, die ich sonst nicht aus der eigenen Tasche zahlen könnte. Die Krankenkassen sind ein Solidarwerk. Ich würde die Krankenkassenbeiträge sogar als meine „Juwelen“ bezeichnen. Das bedingt aber auch einen sorgfältigen Umgang. Wir müssen kostenbewusst mit dieser Solidarität umgehen. 

Welche Erfahrungen haben Sie als Bürgerin mit dem hiesigen Gesundheitssystem gemacht und welche Rolle spielte die Digitalisierung?

Ganz allgemein spielt die Digitalisierung spätestens seit Corona eine wichtige Rolle in meinem Leben. Dank öffentlichen Online-Veranstaltungen und verschiedenen Apps konnten wir uns auch während des Lockdowns gut informieren und uns mit anderen Menschen vernetzen. Das gilt auch in Bezug auf das Gesundheitssystem: Das Internet erlaubt mir, eigenständig nach Informationen zu suchen. 

«Dank der Digitalisierung habe ich beispielsweise Einsicht in Studien oder Erfahrungsberichte, an die ich sonst nur mühselig herankommen würde. Das sehe ich als Privileg.»

Kann dieses Privileg auch überfordern? 

Die Digitalisierung verlangt einen souveränen Umgang mit Daten. Wir sollten uns alle eine gewisse Medienkompetenz aneignen. Das ist ein Lernprozess. Gerade für ältere Leute kann es eine grosse Hürde sein. Aber es sollte keine Ausrede sein. Dass man sich mit neuen Technologien auseinandersetzt, ist für mich auch eine Form der Solidarität. Aber wir sollten die Menschen in diesem Lernprozess nicht alleine lassen, sondern Unterstützung und Alternativen bieten.

Inwiefern?

Die Telemedizin kann beispielsweise verhindern, dass wir zu früh zum Arzt oder zur Ärztin gehen und damit die Kosten senken. Wenn es aber Menschen gibt, die nach wie vor das direkte Vis-à-vis brauchen, dann sollten auch diese Bedürfnisse nicht in Vergessenheit geraten. Für mein persönliches Leben bringt die Digitalisierung viele Vorteile, für andere schaut es anders aus. Wichtig ist, dass die Möglichkeiten, die die Digitalisierung bringt, in hohem Masse selbsterklärend sind, den Menschen zur Verfügung stehen und auch bezahlbar sind. Die Chancen der Digitalisierung im Gesundheitswesen müssen erfahrbar gemacht werden, ich muss die Neuerungen erleben können. Nur so kann ich auch damit umgehen und ein gegenseitiges Vertrauen schaffen. 

Apropos Vertrauen: Unter welchen Bedingungen würden Sie als Privatperson Ihre Daten mit dem Staat, der Forschung, den Krankenversichern oder anderen Akuteren im Gesundheitswesen teilen?

Zum Daten teilen bin ich bereit. Ich habe auch schon davon profitiert, dass andere Menschen ihre Daten geteilt haben – Daten ermöglichen den medizinischen Fortschritt. Ich sehe es als ein Geben und Nehmen. Mit der Weitergabe meiner Daten, meiner Beteiligung an der Digitalisierung und mit einem vernünftigen Umgang mit dem Gesundheitssystem trage ich zu einer guten medizinischen Versorgung bei, die für alle bezahlbar ist. Aber ich will die Autonomie über meine Daten behalten. Die Datensicherheit darf nicht vernachlässigt werden und ich möchte die Möglichkeit haben, selbst über die Freigabe meiner Daten zu entscheiden.

Monika Bühler arbeitete die letzten 25 Jahre als Lehrerin. Heute begleitet sie junge Menschen auf ihrem Berufsweg. Der St. Gallerin ist der Kontakt mit anderen Menschen genauso wichtig wie der solidarische und autonome Umgang mit Daten. Solidarität bedeutet für sie Geben und Nehmen – auch wenn die Krankenkassenprämien ein happiger Budgetposten sind.