Interview mit Nassima Mehira, Bundesamt für Gesundheit BAG

Zurzeit werden die Rahmenbedingungen für das digitale Datenökosystem der Schweiz intensiv diskutiert. Der Bund ist dabei, Regeln für die Sekundärnutzung von Gesundheitsdaten auszuarbeiten. Die Ausgestaltung und Finanzierung des Elektronischen Patientendossiers (EPD) spaltet die Gemüter. 

Frau Mehira, wo steht die Schweiz mit ihrem Datenökosystem?

Zurzeit fehlt es uns an technischen und semantischen Standards und an Schnittstellen, um den Austausch der Gesundheitsdaten zu ermöglichen. Insbesondere braucht es klare Zuständigkeiten auch hinsichtlich der Finanzierung eines solchen Systems. Tatsache ist: Wir haben bereits eine sichere Infrastruktur: Das EPD. Wir nehmen das, was wir haben, entwickeln es weiter und klären die breite Bevölkerung darüber auf.

Wie sieht es aktuell mit dem EPD aus?

Das EPD kann in der Schweiz zum Durchbruch kommen – muss aber gefördert werden. Seit Anfang dieses Jahres sind alle Stammgemeinschaften aktiv dabei. Es wird auch eine nationale Kampagne geben, welche die Gesellschaft über den Nutzen des EPDs informieren wird. Es ist nicht einfach, die Interessen aller Akteure unter einen Hut zu bringen. Es braucht die Zusammenarbeit von allen Beteiligten und finanzielle Ressourcen, damit dieses Projekt gelingen kann.

Wie ist der rechtliche Rahmen für die Sekundärnutzung der Daten hier in der Schweiz?

Heute bestehen teilweise hohe Hürden, damit eine Person einwilligen kann, dass ihre Gesundheitsdaten mit andern geteilt werden dürfen. Transparente Prozesse sollen diese Hürden abbauen. Zudem sind eindeutige Identifikatoren nötig, um die Gesundheitsdaten anonymisiert miteinander zu verknüpfen. Künftig soll auch eine nationale Koordinationsstelle geschaffen werden, um den Datenaustausch zu gewährleisten. Insgesamt erfordert es neue gesetzliche Leitplanken, die bis Ende 2023 konkretisiert werden sollen. 

Was kann das BAG beitragen, damit die Bürger ihre Gesundheitsdaten solidarisch teilen?

Wie gesagt, wenn die Prozesse transparent und klar sind, gehen wir davon aus, dass die Bürgerinnen und Bürger bereit sind, ihre Daten für wissenschaftliche Zwecke zu teilen. Wenn die Medizin aufgrund dieser Daten Fortschritte macht, kommt uns das allen zugute. 

Nassima Mehira, Executive MPA, ist Leiterin der Abteilung Steuerung und Leiterin Direktionsbereich Digitale Transformation und Steuerung im BAG sowie Mitglied der Geschäftsleitung.