Osteoporose: Was tun gegen Knochenschwund?

Allein in der Schweiz leiden 400 000 Menschen an Osteoporose, wobei Frauen besonders häufig betroffen sind. Doch mit einer angepassten Ernährung, regelmässiger Bewegung und der richtigen Medikation kann man viel bewirken, sagt Barbara Zindel von der Rheumaliga Schweiz.

Text: Nicole Krättli; Foto: iStock; Video: Thomas Keller

Über 400 000 Menschen in der Schweiz leiden unter Osteoporose – Frauen doppelt so häufig wie Männer. Viele erhalten die Diagnose jedoch erst sehr spät. Das liegt unter anderem daran, dass sich die Symptome vielfach erst dann bemerkbar machen, wenn die Krankheit schon weit fortgeschritten ist. «Die Diagnose Knochenschwund wird häufig erst dann gestellt, wenn Knochen bei geringer Belastung brechen», erklärt Physiotherapeutin Barbara Zindel von der Rheumaliga Schweiz.

Osteoporose einfach erklärt im Video

Hauptsymptom einer Osteoporose? Knochenbrüche

Typische Frakturen bei Knochenschwund sind Brüche des Oberschenkelhalses oder der Speiche am Handgelenk. Solche Brüche können ohne einen grossen Sturz oder heftige Krafteinwirkung entstehen. Doch auch die Wirbelkörper sind anfällig. Wenn sie brechen, treten häufig chronische Rückenschmerzen auf, die den Alltag erschweren können.

Grössenverlust und unsicherer Gang liefern Hinweise

Neben Knochenbrüchen gibt es aber auch andere Symptome, die auf Knochenschwund hinweisen. Ein deutlicher Grössenverlust ist eines der Anzeichen. «Wenn jemand im Alter mehr als 4 Zentimeter kleiner wird, kann das auf Osteoporose hindeuten», warnt Zindel. Auch eine veränderte Körperform kann auf eine verminderte Knochendichte hinweisen. Ein Buckel, ein vorgewölbter Unterbauch und ein Hohlkreuz sind charakteristische Veränderungen, die oft auftreten, wenn die Wirbelkörper aufgrund der Erkrankung zusammensacken.

Weitere mögliche Symptome sind ein unsicherer Gang oder eine Verkürzung des Rumpfes. Osteoporose-Betroffene haben manchmal Probleme, aufrecht zu gehen. Das kann wiederum das Risiko von Stürzen und damit verbunden das Risiko von Knochenbrüchen steigern.

Gene und das Geschlecht sind Hauptursachen für Osteoporose

Osteoporose entsteht, wenn der Knochenstoffwechsel aus dem Gleichgewicht gerät. Unsere Knochen bestehen aus einem Netz von Eiweissstrukturen, das mit Mineralien wie Calcium und Phosphor verstärkt ist. Diese Mineralien geben den Knochen ihre Härte und Stabilität. Doch Knochen sind kein statisches Gewebe – sie befinden sich in ständigem Wandel.

Im gesunden Körper arbeiten zwei Arten von Zellen am Knochengewebe: Osteoblasten und Osteoklasten. Die Osteoblasten bauen neues Knochengewebe auf, die Osteoklasten bauen altes ab. Bis etwa zum 30. oder 35. Lebensjahr überwiegt der Knochenaufbau. Das Skelett wird dichter und kräftiger. Danach ändert sich das Verhältnis: Der Knochenabbau beginnt, die Osteoklasten werden aktiver. Bei Osteoporose ist dieser Prozess gestört. Die knochenabbauenden Zellen arbeiten zu schnell, während die knochenaufbauenden Zellen nicht mehr mithalten können. Die Folge: Der Knochen verliert an Dichte und wird brüchig.

«Sehr dünne Raucherinnen haben ein besonders hohes Risiko, an Osteoporose zu erkranken.»
Barbara Zindel, Rheumaliga Schweiz

Auch Hormone, das Gewicht und Alkohol haben einen Einfluss auf Knochendichte

Diese Veränderung im Knochenstoffwechsel wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst. Hormonelle Veränderungen spielen eine grosse Rolle. «Frauen in den Wechseljahren erleben einen starken Rückgang des Östrogens, was den Knochenabbau beschleunigt», erklärt Physiotherapeutin Barbara Zindel. Wenn Frauen früh in die Menopause kommen, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich eine Osteoporose entwickelt. Aber auch andere Ursachen wie etwa ein Vitamin-D-Mangel können dazu führen, dass der Knochenstoffwechsel gestört wird.

Manche Risikofaktoren für Osteoporose kann man beeinflussen. Rauchen und Alkoholkonsum sind Beispiele dafür. Sie beeinflussen den Knochenstoffwechsel negativ und können zu einem schnelleren Abbau führen. Untergewicht und drastische Gewichtsabnahmen haben ähnliche Auswirkungen. «Sehr dünne Raucherinnen haben ein besonders hohes Risiko, an Osteoporose zu erkranken», weiss Zindel.

Gewisse Medikamente können Knochenmasse verringern

Der wichtigste Risikofaktor für Osteoporose, so Zindel, ist jedoch die genetische Veranlagung. «Wenn in der Familie Fälle von Osteoporose bekannt sind, ist das Risiko, selbst zu erkranken, deutlich erhöht», erklärt die Physiotherapeutin. Ausserdem können bestimmte Medikamente wie zum Beispiel Cortison den Knochenstoffwechsel negativ beeinflussen.

Knochendichtemessung: So wird Osteoporose diagnostiziert

Osteoporose wird oft zufällig entdeckt. Dann etwa, wenn ein Röntgenbild aus einem anderen Grund gemacht wird und dabei Knochenbrüche sichtbar werden. Manchmal ist es auch eine Spontanfraktur, die auf eine Osteoporose hinweist. Aber es gibt ein Verfahren, mit dem man Osteoporose gezielt diagnostizieren kann: die Knochendichtemessung.

Diese Methode misst den Mineralsalzgehalt in den Knochen, indem sie prüft, wie viel Strahlung durch die Knochen in der Lendenwirbelsäule oder am Oberschenkelhals durchgelassen wird. Je mehr Strahlen passieren, desto geringer ist die Knochendichte. Die Messung dauert fünf bis zehn Minuten und verwendet niedrigere Strahlung als herkömmliche Röntgenaufnahmen. «Wer ein erhöhtes Osteoporoserisiko bei sich vermutet, ist gut beraten, eine solche Knochendichtemessung bei einer Fachperson durchführen zu lassen», sagt Barbara Zindel von der Rheumaliga. Weiterer Vorteil: Anhand der Knochendichtemessung kann auch die Vorstufe von Osteoporose, die Osteopenie, erkannt werden.

Vorstufe von Osteoporose: die Osteopenie

Osteopenie wird oft als Vorstufe der Osteoporose bezeichnet. Denn der Knochen verliert an Festigkeit, es entstehen aber noch keine Brüche. Und genau da manifestiert sich auch das Problem der Osteopenie: Sie verursacht kaum Beschwerden, wodurch sie meist zu spät diagnostiziert und behandelt wird. Die gute Nachricht: Wird die Osteopenie frühzeitig erkannt, kann der Knochenabbau mithilfe von gesunder Ernährung und ausreichend Bewegung verlangsamt und eine Osteoporose verhindert werden.

Das Universitätsspital Zürich empfiehlt auf seiner Website Sportarten wie Joggen, Tanzen oder Wandern, um den Knochenabbau zu verlangsamen. Aber auch gezieltes Ausdauer- und Krafttraining sowie Gleichgewichtsübungen seien sinnvoll.

Osteoporose vorbeugen: Lebensmittel mit hohem Calciumgehalt sind essenziell

Eine ausgewogene Ernährung spielt eine entscheidende Rolle, wenn es um die Prävention, aber auch um die Behandlung von Knochenschwund geht. Vor allem eine ausreichende Calciumzufuhr ist wichtig. Ärzte empfehlen zwischen 1000 und 1200 Milligramm Calcium pro Tag. Milchprodukte, Nüsse, Samen, dunkelgrünes Gemüse wie Grünkohl oder Brokkoli und calciumreiche Mineralwassersorten sind gute Calciumquellen. Aber auch Sojaprodukte und bestimmte Früchte wie Beeren und Kiwi liefern Calcium. Die Rheumaliga Schweiz bietet einen praktischen Online-Rechner, um den eigenen Tageskonsum zu überprüfen.

Warum Vitamin D so wichtig ist

Damit der Körper Calcium aufnehmen kann, benötigt er Vitamin D. Unser Körper kann Vitamin D selbst herstellen, wenn er der Sonne ausgesetzt ist. In der Schweiz reicht die Sonneneinstrahlung jedoch nicht immer aus, um genügend Vitamin D zu produzieren. Barbara Zindel empfiehlt deshalb, vor allem während der Wintermonate Vitamin D in Form eines Nahrungsergänzungsmittels einzunehmen.

Sport tut den Knochen gut

Doch auch regelmässiger Sport ist ein zentraler Bestandteil der Osteoporose-Vorbeugung und -Therapie. Intensiver Sport verbessert die Muskelkraft, den Gleichgewichtssinn und die Koordination. «Die allgemeinen Empfehlungen lauten wöchentlich mindestens 150 bis 300 Minuten ausdauerorientierte Bewegung mit mittlerer Intensität – zum Beispiel Gehen oder Velofahren, Garten- und Hausarbeit. Oder mindestens 75 bis 150 Minuten mit hoher Intensität – zum Beispiel Jogging, Schwimmen, Skilanglauf, Zumba», erklärt Zindel.

«Das Medikament ist sehr wirkungsvoll. Wichtig ist jedoch, dass man eine schonende Exitstrategie mit einer Fachperson plant.»
Barbara Zindel, Rheumaliga Schweiz

Osteoporose-Therapie: Medikamente sind vielfach der beste Weg

Insbesondere wenn der Knochenschwund spät entdeckt wird oder bereits Brüche vorhanden sind, kommen die meisten Betroffenen allerdings nicht um die Einnahme von Medikamenten herum. Bisphosphonate und ein Antikörper gehören zu den am häufigsten verwendeten Medikamenten, weil sie den Knochenabbau verhindern. Diese Medikamente können den Knochenschwund stoppen und manchmal sogar rückgängig machen. In schweren Fällen gibt es auch Medikamente, die knochenaufbauend wirken.

Aus ihrer langjährigen Beratungserfahrung bei der Rheumaliga Schweiz weiss Barbara Zindel, dass viele Betroffene Vorbehalte vor der medikamentösen Behandlung haben: «Insbesondere der Rebound-Effekt nach dem Absetzen von Osteoporose-Medikamenten mit dem Wirkstoff Denosumab hat in den letzten Jahren für viel Unsicherheit gesorgt», so Zindel. Die Expertin möchte Betroffenen die Angst davor nehmen: «Das Medikament ist sehr wirkungsvoll. Wichtig ist jedoch, dass man eine schonende Exitstrategie mit einer Fachperson plant», so Zindel weiter.

Über die Expertin

Barbara Zindel ist diplomierte Physiotherapeutin FH und Co-Leiterin Dienstleistungen bei der Rheumaliga Schweiz. Nebst ihrer Tätigkeit bei der Rheumaliga Schweiz arbeitet sie selbstständig als Ergonomie-Beraterin.

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